Kurzzeitwohnen in der Parkstr.

■ Damit Eltern geistig behinderter Menschen sich getrauen, auch einmal in Urlaub zu fahren, hält die Innere Mission zwei Gasträume zum „Kurzzeitwohnen“ vor

Mit zwei Gästezimmern will die Innere Mission in Bremen -Mitte einen „Teufelskreis“ durchbrechen. Als Gäste sind erwünscht geistig und mehrfach behinderte BremerInnen, die über 16 Jahre alt sind und sonst mit ihren Angehörigen leben. Oder, wie es gestern eine Mitarbeiterin ausdrückte: „Behinderte, die über Jahre in ihrem Elternhaus gehalten werden.“ Der „Teufelskreis“, die „Verstrickung“, wie es gestern hieß, bestehe darin, daß dieses enge Zusammenleben in den Familien meist solange andauere, bis es zu einem „Zusammenbruch“, einer „massiven Krise“ komme: Ausgelöst zumeist dadurch, daß eineR der betreuenden Angehörigen ins Krankenhaus eingewiesen werde oder sterbe. Dann bleibe für die geistig behinderte Person nur noch ein „Notbett“ in einem Heim, ein Krankenhausaufenthalt beziehungsweise das lange Warten auf einen der wenigen „Langzeitpflegeplätze“. Durch das neue Ange

bot zum „Kurzzeitwohnen“ will die Innere Mission erreichen, daß Angehörige die Scheu vor einer mehrwöchigen Trennung von ihrem behinderten, mittlerweile erwachsenen „Kind“ überwinden. Daß Angehörige sich ohne Schuldgefühle dazu entschließen, einen längst überfälligen Kuraufenthalt anzutreten oder sich einen Urlaub zu gönnen. Als ABM-Kraft ist Maria Schäfer-Buddenkotte eigens dafür zuständig, bei Eltern für dieses Projekt zu werben. Auch will sie behilflich sein beim Kampf mit Ämtern um die Kostenübernahme. Die Verhandlungen mit dem Sozialsenator dauern in dieser Frage noch an. Die „Deutsche Bank“ mit ihrer Stiftung „Hilfe zur Selbsthilfe“ hat das Projekt „für Familien und ihre Behinderten“ mit 30.000 Mark unterstützt. Langfristig und gesamtgesellschaftlich, so machten Vertreter der Inneren Mission gestern klar, rechne sich daß Modell der frühzeitigen menschlichen Hilfe bes

ser, Krisen würden vorzeitig aufgefangen, der Zeitbruch eines familiären Zusammenbruchs aufgeschoben.

Die beiden hellen und frischgestrichen Gästezimmer mit den schönen Naturholzmöbeln, der eine Raum rollstuhlgerecht, liegen im Gebäude Parkstraße 117. Hier wohnen ansonsten 13 Menschen, die aus der aufgelösten Anstalt „Kloster Blankenburg“ nach Bremen-Mitte umgezogen sind. Zum Teil waren sie länger als dreißig Jahre in Blankenburg eingesperrt, und sollen sich jetzt an größere Mündigkeit gewöhnen: Sie haben so elementare Rechte wieder zugestanden bekommen wie das Recht, sich die Kleidung, die Möbel oder den Belag für das abendliche Butterbrot selbst auszusuchen. Ein Jahr lang hat sich die Heilpädagogin Marin Schäfer -Buddenkotte erfolgreich darum bemüht, mit den BewohnerInnen individuell Möbel auszusuchen: Schließlich entschlossen sich alle, ihren Vorlieben Aus

druck zu geben: Die eine für ein gewagtes gelbes Himmelbett, die andere für „Eiche rustikal“ und ein dritter wiederum, der sein 45jähriges Leben nur in Heimen und Anstalten verbracht hat, fühlt sich am wohlsten zwischen Möbeln mit weißer Kunststoffbeschichtung - schließlich repräsentiert das am besten die Umgebung, in der er bisher gelebt hat.

Wie sich die zu erwartenden Gäste in den drei Betten zum Kurzzeitwohnen einleben werden, läßt sich noch nicht vorhersagen. In Bielefeld, wo es ein ganzes Haus für solche Kurzaufenthalte gibt, sind die Betten jedenfalls immer ausgebucht.

B.D.

Am Kurzwohnen interessierte Personen, die geistig und mehrfach behinderte Menschen betreuen, sollten sich möglichst 8 Wochen vor dem gewünschten Aufnahmetermin mit Maria Schäfer-Buddenkotte im Wohnheim Parkstraße 117 des Vereins für Innere Mission (Tel.: 349076) in Verbindung setzen.