Jetzt 21 Gefangene im Hungerstreik

■ Strafverteidiger fordern Momper auf, mit anderen Bundesländern mit der Zusammenlegung von Gefangenen zu beginnen / Albertz kritisiert Rebmann / Zustand von Karl-Heinz Dellwo und Christa Eckes weiter stabil

Berlin (taz) - Gestern schlossen sich mit Christian Klar, Erik Prauss, Christian Kluth, Gisela Dutzi und Hans Deutzmann weitere fünf Gefangene der Hungerkette an. Damit befinden sich jetzt insgesamt 20 Gefangene aus RAF und Widerstand im Hungerstreik.

Unterdessen hat sich Pfarrer Heinrich Albertz, früher selbst Regierender Bürgermeister in Berlin, demonstrativ hinter Walter Momper und dessen inzwischen gescheiterten Versuch gestellt, Rita Süssmuth und Jürgen Schmude als Vermittler einzuschalten. In einem Beitrag für die Wochenzeitung 'Zeit‘ schreibt Albertz, er selbst und Altbischof Kurt Scharf hätten Momper zu diesem Schritt geraten: „Er hat es getan. Mutig und ganz deutlich. Man hat es ihm böse gedankt.“ Zur Rolle von Generalbundesanwalt Rebmann schrieb Albertz: „Eins weiß ich genau: Wenn man dem Generalbundesanwalt folgt, wird der Tod im Gefängnis das letzte Wort haben. Das kann man natürlich in Kauf nehmen, wie Frau Thatcher zehn Tote der IRA in Kauf nahm. Aber dann soll man nicht von Menschlichkeit und christlichen Grundwerten reden.“

Die Vereinigung Berliner Strafverteidiger appellierte gestern an Walter Momper, „mit den Bundesländern, die dazu bereit sind, Gefangene aus der RAF in größeren Gruppen zusammenzulegen - selbst wenn andere Bundesländer sich nicht anschließen sollten“. In einem Schreiben an Momper betont Hans-Joachim Ehrig als Vorsitzender der Vereinigung, die Zusammenlegung entspreche der Gesetzeslage und sei deshalb nicht Zeichen „staatlicher Schwäche“, sondern nur Ausdruck der „staatlichen Fürsorgepflicht“ für die Gefangenen.

Am 65. Tag des Hungerstreiks blieb der Gesundheitszustand von Karl-Heinz Dellwo in der JVA Celle und Christa Eckes im Haftkrankenhaus Fröndenberg nach übereinstimmenden Angaben ihrer Anwälte und der Justizbehörden weiterhin stabil. Die niedersächsische Landtagsfraktion der Grünen forderte die Verantwortlichen auf, „endlich ein echtes Angebot zu unterbreiten“. Empörend sei die Äußerung von Justizminister Remmers, er habe nicht damit gerechnet, daß „ein Dellwo nach 64/65 Tagen Hungerstreik noch aufrecht in der Zelle steht“.

Die vier neu in den Hungerstreik eingetreten Gefangenen sitzen in Stammheim und Bochum ein. Christian Klar wurde 1982 festgenommen und 1985 vom Oberlandesgericht Stuttgart zur höchsten jemals in der Bundesrepublik ausgesprochen Freiheitstrafe von fünfmal „lebenslänglich“ und 15 Jahren verurteilt. Christian Kluth wurde im August 1986 verhaftet und im Juni 1988 in Stammheim zu zehn Jahren Haft verurteilt. Er soll an einem Bombenanschlag auf den Rüstungskonzern Dornier in Immenstaad im Juli 1986 beteiligt gewesen sein. Wegen desselben Anschlags verurteilte das OLG Stuttgart Erik Prauss am 18. Januar dieses Jahres ebenfalls in Stammheim zu neun Jahren Haft. Der Spruch ist noch nicht rechtskräftig. Hans Deutzmann, gehörte zur Widerstands-Szene in Wuppertal. Aufgrund eines anonymen Hinweises wurde er im Dezember 1988 in Duisburg wegen angeblicher Beteiligung an einem Bankraub mit Geiselnahme festgenommen.

gero