Bush tiefer im Contra-Dschungel

Ein Dokument im Prozeßt gegen Oliver North enthüllt Neuigkeiten über die geheime weltweite Suche der Reaganistas nach Waffenhilfe für die Contra / Panamas Noriega bot Killerdienste an  ■  Aus Washington Stefan Schaaf

Mitglieder der Reagan-Administration, darunter der damalige Vizepräsident Bush, waren wesentlich tiefer in die Beschaffung von Finanzmitteln und Waffen für die nicaraguanische Contra verwickelt, als dies bisher durch die Presse und die beiden offiziellen Untersuchungen des Iran -Contra-Skandals bekannt geworden ist. So war es Bush persönlich, der 1985 bei einem Besuch in Honduras dem Präsidenten des Landes die Bedingungen für die rasche Auszahlung von 110 Millionen Dollar Militär- und Wirtschaftshilfe überbrachte: Präsident Roberto Suazo Cordova sollte die an der Nordgrenze von Honduras stationierten Contra unterstützen und so der Reagan -Administration helfen, das damals vom Kongreß verhängte Verbot jeglicher Contra-Hilfe zu umgehen.

Diese neue Information ist in einem 42seitigen Dokument enthalten, das am Donnerstag im Prozeß gegen den ehemaligen Reagan-Gehilfen Oliver North freigegeben wurde. Es enthält die Fakten, auf deren Freigabe sich Verteidigung und Anklage als unabdingbar für eine faire Prozeßführung geeinigt hatten. Wenn einige der Enthüllungen zu Zeiten des Iran -Contra-Untersuchungsausschusses bekannt geworden wären, hätte dies mit Sicherheit zu einer Eskalation der politischen Krise der Reagan-Präsidentschaft geführt. Heute jedoch ist ihre Wirkung eher zweitrangig.

Das Dokument zeigt, daß mindestens zehn Länder auf geheimen Kanälen um finanzielle Hilfe ersucht wurden. Einigen Ländern wurden Gegenleistungen versprochen. US-Außenminister Shultz habe 1984 El Salvador aufgefordert, US-Militärhilfe an die Contras weiterzugeben. Sogar vor Verhängung des sogenannten „Boland-Amendments“ durch den Kongreß wurden Drittländer um Waffen für die Contra angegangen. So erhielt die CIA im Mai 1983 mehrere hundert Tonnen PLO-Waffen, die Israel im Libanon-Krieg erobert hatte. Dem Kongreß wurde lediglich mitgeteilt, die Waffen seien für „verschiedene Zwecke“ bestimmt, der größte Teil davon wurde aber an die Contras weitergeleitet. Das Dokument belegt, daß Präsident Bush persönlich durch seine Honduras-Reise in die weltweite Suche nach Waffen für die Contra eingespannt wurde und daß er wußte, welche Versprechungen Drittländern für ihre Kooperation gemacht wurden. Bush hat bisher bestritten, etwas über die explosiveren Aspekte der Iran-Contra-Affäre gewußt zu haben.

Die wohl bizarrste Episode, über die das Dokument aus dem North-Prozeß berichtet, dreht sich um das Angebot des panamesischen Diktators Manuel Noriega, die Führung der Sandinisten zu ermorden, falls ihm die US-Administration hilft, sein Image in den Vereinigten Staaten aufzupolieren. Noriega war in den Medien der USA beschuldigt worden, in großangelegte Drogengeschäfte verwickelt zu sein. North hatte dieses Angebot abgelehnt, doch wurde Noriega bei späteren Treffen von North signalisiert, daß man gegen Sabotage nicaraguanischer Einrichtungen nichts einzuwenden hätte. Bekannt ist lediglich, daß Noriega 100.000 Dollar an einen Contra-Führer gezahlt hat.

North trat in seinem Prozeß am Freitag zum zweiten Mal in eigener Sache in den Zeugenstand. Es wird erwartet, daß die Zeugenvernehmung in der nächsten Woche abgeschlossen sein wird.