Haus Wittgenstein eröffnet

■ Ein Kapitel Grünen-Geschichte - noch nicht ganz zu Ende

Bonn (taz) - Nach über vierjähriger Bauzeit ist es endlich fertig: Am Freitag wurde das Tagungshaus Wittgenstein übergeben, über dessen galoppierende Kosten, illegale Lohnmanipulationen und undurchsichtiges Finanzgebaren im Dezember 1988 der Vorstand der Grünen gestürzt war. In Weiß und Beige, mit herrlichen Holzböden und Kassettendecke, mit lichten Räumen und zurückhaltender Möblierung präsentiert sich nun das alte Gemäuer des Bankiers Wittgenstein. Doch bei der Schlüsselübergabe wurde auch deutlich, daß das Kapitel noch nicht zuende ist: Eine Schlußabrechnung steht noch aus.

Bauleiter Walter Sauermilch, vom alten Vorstand im Sommer 88 eingesetzter Nothelfer und Kontrolleur des damaligen Bauleiters Lothar Kämper, betonte in seiner Rede, man habe den „Kostenrahmen eingehalten“. Das sei „nicht ganz korrekt“, korrigierte sogleich der neue Bundesschatzmeister Axel Vogel. Er kommt mit 4,5 Millionen Mark Umbau- und Einrichtungskosten auf zwei Millionen Mark mehr als Sauermilch. Lothar Kämper, der einst den Parteivorstand davon überzeugte, mit dem Einsatz von Selbsthilfegruppen aus dem Drogenbereiche könnte die Renovierung nicht nur billig durchgeführt, sondern auch zum sozialen Musterprojekt werden, blieb der Einweihung fern.

Schatzmeister Vogel kündigte an, die Schlußrechnung werde bis zum nächsten Parteitag der Grünen Ende Mai vorliegen. Wie das Haus genutzt werden soll, muß noch ein Gutachten klären. Für einen rentablen Tagungsbetrieb sei das Haus mit knapp 30 Schlafplätzen zu klein, ist zu hören. Schatzmeister Vogel kündigte deshalb bereits an, er strebe keinen Verkauf an, werde aber „alle Alternativen vorurteilsfrei prüfen“. Möglicherweise müsse noch ein Anbau errichtet werden, damit genügend Schlafräume zur Verfügung stehen. Im Februar war bekanntgeworden, daß der Bau auch 230.000 Mark verschlungen hatte, die eigentlich dem Internationalismus-Fond der Partei zukommen sollten.

Gerd Nowakowski