Drei oder sechs Flaschen Korn

■ Zwei Männer sollen Bekanntem eine Flasche Korn eingetrichtert haben / Staatsanwaltschaft erhebt Klage wegen Körperverletzung und Nötigung

Jörg R. ist arbeitslos. Ralf H. ist arbeitslos. Detlef B. ist arbeitslos. Alle drei haben viel Zeit.

Ralf H. und Detlef B. sind befreundet, Jörg R. ist der Schwager von Detlef B. Er hat eine Parzelle. Dort besuchten ihn die beiden am 14.1.1988. Sie brachten eine Flasche Korn und Sprudel mit. Die war gegen Mittag alle. Die drei hatten nicht genug. Gemeinsam gingen sie zur Sparkasse und hoben dort Jörg R.'s Arbeitslosenhilfe ab. Anschließend ging es in den Supermarkt.

Die Meinungen über das Folgende gehen auseinander. In der Akte steht etwas von vier Flaschen Korn. Das bestätigt der Geschädigte Jörg R. Seine Schwester meint, es könnten sechs ge

wesen sein. Sie wollten die drei besuchen. Auf dem Weg kehrten sie vorher bei einem Bekannten ein. Es blieb unklar, ob dort weiter getrunken wurde. Die Ereignisse liegen lange zurück, der Geschädigte weiß nicht mehr genau, was geschah. Vielleicht wurde eine weitere Flasche Korn getrunken. Bei der Schwester in Findorff kam sicher eine neue Flasche auf den Tisch. Jürgen R. trank „drei oder vier Mixgetränke“. Dann ging er seine frühere Freundin besuchen. Als er wiederkam, ging das Zechgelage weiter.

Nach Schilderung des Geschädigten wurde er vom Beschuldigten Ralf H. gezwungen, eine Flasche Korn „ex“ zu trinken. Er weigerte sich; Ralf H. schlug ihn; er trank, setzte ab; ihm wurde gedroht; er trank erneut. Dann wurde er ohnmächtig. Erst im Flur des Diakonissen-Krankenhauses wachte er wieder auf. Die Ärzte diagnostizierten Prellungen, eine Alkoholvergiftung, einen Nasenbeinbruch.

Die Mitschuld des Detlef B. steht nicht zur Debatte. Der Geschädigte kann sich nicht mehr daran erinnern, daß sein Schwa

ger ihn festgehalten hat, um Ralf H. zu helfen. Aber er sagt aus, sein Schwager habe ihn schon zweimal „grundlos“ geschlagen.

Die Schilderung von Rolf H. ist eine ganz andere. Er lässt durch seinen Verteidiger erklären: Jörg R. habe freiwillig gezecht. Es sei zu keiner Gewalteinwirkung gekommen. Gestürzt sei er wegen seiner Trunkenheit. Daher rührten seine Verletzungen.

Aussage steht gegen Aussage, aber die Verletzungen sprechen für die Glaubwürdigkeit des Zeugen. Wer bricht sich schon bei einem Sturz das Nasenbein? Da zieht die Verteidigung einen Trumpf. „Stimmt es, daß sie wegen Alkoholproblemen psychiatrisch behandelt wurden?“ „Muß ich darauf antworten?“ - „Ja, sie müssen.“ Es gab Probleme. Aber die sind nicht für Öffentlichkeit und Presse bestimmt. Der Schutz der Intimsphäre geht dem öffentlichen Interesse vor. Fortan wird hinter geschlossenen Türen verhandelt. FW