Dienstwagen und andere drängende Probleme

■ Die AL-Fraktion war in Klausur / Kompromiß beim Dienstwagen / Harte Linie beim Einheitslohn / Arbeitsschwerpunkte für das laufende Jahr festgelegt

Am Ende wurde man sich biedermännisch einig: Ein Audi 80 als Dienstwagen für die Senatorinnen und die Staatssekretäre sollte es in Zukunft sein - und nur noch einer für jedes Senatsressort. Am Freitag abend, nach der zweitägigen Klausur der Fraktion der Alternativen Liste im Abgeordnetenhaus stand dieser „Kompromiß“ - innerhalb der Fraktion wohlgemerkt, denn die Senatorinnen und Staatssekretäre sind durchaus anderer Meinung. Sie wollen auf ihre Dienstwagen nicht verzichten. Mercedes, so wird eingeräumt, müsse es nicht sein. Und so bleibt der Beschluß der Fraktion Wunsch. „Wir können den Senatorinnen ja nichts befehlen“, heißt es. Außerdem: „Wenn jemand sagt, er arbeitet 16 Stunden am Tag, und braucht das Auto, kann ich nichts gegen sagen“, meint der Abgeordnete Michaelis. Er schlägt als Zwischenlösung vor, die sollten doch für 10.000 Mark im Jahr Taxi fahren. Dann gäbe es wenigstens „ein Auto weniger“. Doch da gibt's Schwierigkeiten mit der Abrechnung, weiß Fraktionär Haberkorn. Die Verwaltung bezahle die Taxifahrten nicht, und aus der eigenen Tasche könnten die Senatorinnen und Staatssekretäre es schließlich angesichts der ebenso heftig geführten Debatte um den Einheitslohn von 2.4oo Mark, den die Fraktion noch einmal bekräftigt - auch nicht bestreiten. Auf die Frage, was denn nun geschehe, wenn die Senatsressorts nicht an die Beschlüsse der Partei hielte, kann Haberkorn nur lakonisch feststellen, er hoffe, daß es noch drängendere Probleme in der Stadt gebe. Die gab es bei der Klausur tatsächlich.

Jenseits der Debatte um Einheitslohn und Dienstwagen legte die Fraktion ihre Arbeitsschwerpunkte für 1989 fest. Per Dringlichkeit soll in der nächsten Abgeordnetenhaussitzung am Donnerstag ein Gesetzentwurf eingebracht werden, der die Arbeit eines Ausschusses regeln soll, der die Umstrukturierung des Landesamtes für Verfassungsschutz begleiten soll. Der Ausschuß soll insgesamt 10 Mitglieder haben. Jede Fraktion kann mindestens zwei Personen stellen. „Selbstverständlich“ würden auch die „Republikaner“ daran beteiligt werden, sagte gestern die Datenschutzexpertin Lena Schraut.

Die U-Bahn soll nach den Vorstellungen der AL in Zukunft überall im 5-Minuten-Takt fahren, Busse und die S-Bahnen alle 10 Minuten verkehren. Dazu gehöre, ein umfangreiches Netz an Busspuren zu installieren, erklärte Verkehrsexperte Cramer. Für den 1. Oktober, dem Tag des Marathonlaufs, wünscht sich die AL einen autofreien Sonntag.

Die Linie von Bausenator Nagel, der Wohnungsnot durch Neubau zu begegnen, stimmt die AL zwar zu, findet aber, daß dem Leerstand größere Beachtung geschenkt werden müsse. Mit einem „Wohnungspflegegesetz“ soll die Grundlage geschaffen werden, die „Eigentümer härter ranzunehmen“. Verwaltungshandeln solle gestrafft werden und gegen Eigentümer, die ihre Häuser leer stehen ließen, höhere Zwangsgelder verhängt werden, erläuterte der baupolitische Sprecher der Fraktion, Michaelis, die Tendenz des Gesetzentwurfs. (Zu Leerstand und Besetzungen siehe nebenstehende Dokumentation)

Sozialhilfeempfängern soll jenseits von Gesetzesänderungen unbürokratischer geholfen werden. Die Mietkostenzuschüsse sollten je nach verfügbarem Wohnraum bezahlt werden, die verbrauchte Haushaltsenergie in Höhe vergleichbarer Summen westdeutscher Städte übernommen werden. Für Kinder unter sieben Jahren soll zusätzlich zum Sozialhilferegelsatz ein pauschalisierter Mehrbedarfszuschlag gewährt werden, um, so Michael Haberkorn, den „Bewegungsspielraum der Familien zu verbreitern“.

Die Einführung des Kommunalen Wahlrechts für Auslander und ein gesichertes Aufenthaltsrecht für Flüchtlinge sind weitere Schwerpunkte der Arbeit der AL-Fraktion. Geplant sind auch Initiativen gegen den wachsenden Stromverbrauch.

bf