Fehdehandschuh von Big Mac

■ Tennis-Daviscup: Nach dem 3:2-Erfolg gegen die CSSR in Prag kommen zum Halbfinale die USA

Berlin (taz) - Matchball verwandelt, eine Runde weiter im Daviscup, Schläger in die Tasche gepackt, den Blick schon wieder aufs neue Ziel gerichtet. So sind sie, die bundesdeutschen Tennisspieler, von denen ihr nimmerlächelnder Kapitän Niki Pilic sagt, „diese Tennis -Generation hat schon viel geleistet“. 21 Jahre sind die beiden alt, die am Sonntag in Prag aus einem 1:2 noch ein 3:2 machten: Zuerst Carl-Uwe Steeb mit einem 6:3, 6:4, 6:4 gegen Karel Novacek, danach Boris Becker gegen Milan Srejber (6:3, 6:4, 6:3). Es war ja nicht gerade selbstverständlich, daß Steeb über Novacek so klar würde dominieren können. In der Weltrangliste liegt er nicht allzuweit vor diesem (59. u. 77.), die Niederlage beim Auftakt gegen den unbändigen Srejber hatte einen zerknirschten Steeb zurückgelassen, weil er gegen den Offensivgeist nichts ausrichten konnte. Sei es, daß der Stuttgarter dann einfach den besseren Ratgeber hatte (Becker: „Völlig abschalten und konzentrieren“), sei es, daß Novacek gehandicapt war (beim Training den Schläger selbst gegen die Nase gehauen), das Match lief für Steeb erstaunlich glatt; auch, weil das Grundlinienspiel Novaceks ganz seinen Geschmack trifft.

Beckers Auftritt gegen Srejber verlief nicht minder überzeugend, der Monegasse war selbst ganz von sich begeistert: „In der Halle bin ich wohl der Beste.“ Die Returns bei Srejbers mächtigen Aufschlägen kamen, mit den eigenen hielt Becker den Tschechoslowaken fernab von der geliebten Netzposition, ein paarmal wurde der Lulatsch (2,03 Meter) gar überlobt. Nicht einmal der herzblutige SAT-1 -Kommentator Günter Bosch („Heiß, heiß, heiß, ooh Boris“) mußte an diesem Tag allzuviel leiden.

Das Publikum war zufrieden, sofern es sich nicht um Gastgeber handelte, Bierpreise von 40 Pfennig für den halben Liter dank des Schwarzmarktkurses sorgten für lärmige Ausgelassenheit. Nicht zu jedermanns Erbauung. Selbst Becker, großgeworden mit dem Walkman, hat es „als sehr laut empfunden“, der sensible Eric Jelen beklagt fehlende Noblesse auf den Rängen der Fucik-Halle: „Heute schreit jeder wann und was er will.“ Und der DTB-Präsident Claus Stauder will „kein Fußballpublikum“.

Das wird schwierig. Im Halbfinale hat die Bundesrepublik Heimrecht, und zu Besuch kommen die Spieler aus den USA (Spielort wird auf Wunsch Beckers vermutlich nicht Hamburg mit seinem Sandplatz, sondern Dortmund mit der schnellen Halle). John McEnroe hat nach dem Erfolg gegen Frankreich (Noah: „grausam“) den Fehdehandschuh schon mal übers Netz geworfen: „Jetzt will ich Revanche für Hartford.“

Dort war die Tennisgroßmacht 1987 von Becker & Co in die Zweitklassigkeit versetzt worden, vor einem ausgeflippten Publikum hatten damals McEnroe/Mayotte/Flach/Seguso nationalfähnchenschwenkend Stimmung gemacht. Was Boris Becker nach dem Erfolg in schwarz-rot-gold konterte.

Die Tenniswelt tat bestürzt damals, solch eruptiver Chauvinismus war auch beim eher stimmungsgeladenen Daviscup etwas neues. Vom 21. bis zum 23. Juli ist demnach einiges zu erwarten. Becker: „Das Halbfinale gegen die USA wird etwas sein, was man in Deutschland nie oder nur selten erlebt hat.“

-thöm