Bei der Landung festgenommen

Sechs türkische Linksaktivisten flogen aus dem Exil direkt zum Verhör durch Staatsanwaltschaft und Polizei / Haftbefehl gegen einen Funktionär des „fortschrittlichen Jugendverbandes“  ■  Aus Istanbul Ömer Erzeren

Mit Trommel und Flöte, Tanz und Luftballons feierten 2.000 Menschen auf einer Weide nahe des Istanbuler Flughafens die Rückkehr von sechs linken Exiltürken, die am Sonntag aus dem Ausland einflogen (s. taz vom 8.4.). Während die Polizei widerwillig das festliche Spektakel der Familienangehörigen und der politischen Freunde der Rückkehrer gewähren ließ, wurde der Flughafen hermetisch abgeriegelt. Aus Athen, Zürich, Kopenhagen und Amsterdam flogen die Exilanten mit verschiedenen Maschinen ein - begleitet von ausländischen Gewerkschaftern, Kirchenvertretern und Abgeordneten. „Wir sind zum Schutz der Rückkehrer gekommen“, bemerkte der EG -Abgeordnete Peter Dankert.

Bei den Rückkehrern handelt es sich um führende Funktionäre der linken Gewerkschaftskonföderation DISK und des „fortschrittlichen Jugendverbandes“ - zwei Organisationen, die nach dem Putsch der Militärs 1980 in der Türkei verboten wurden. Die Rückkehr aus dem Exil wurde trotz der anwesenden internationalen Öffentlichkeit mit der Festnahme bei Landung der Maschinen eingeleitet. Stundenlang verhörten Mitglieder der politischen Polizei die Rückkehrer am Flughafen, um sie anschließend der Staatsanwaltschaft zu übergeben. Fünf der sechs Rückkehrer wurden von der Staatsanwaltschaft dann aber auf freien Fuß gesetzt. „Ein Wunder“, kommentiert die Rechtsanwältin Inci Isbulur die Freilassung - bislang ist die türkische Öffentlichkeit wie im Fall der KP-Führer Haydar Kutlu und Nihat Sargin daran gewöhnt, daß Rückkehrer für Wochen in die Folterzentren der Polizei eingewiesen werden.

Nur gegen den Funktionären des „fortschrittlichen Jugendverbandes“ Gencer Ucar, der ebenfalls am Sonntag zurückkehrte, wurde Haftbefehl erlassen. Sein Rechtsanwalt Rasim Öz kritisierte, daß er sich seither in den Händen der berüchtigten politischen Polizei befindet, und fordert zunächst die Verlegung in reguläre Untersuchungshaft.