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Nicht nur „Eiapopeia“ bei Schimanski

Regisseurin Karin Hercher über den Rheinhausen-Krimi vom Sonntag abend und die Kritik an ihrem Ruhrpott-Märchen  ■ I N T E R V I E W

taz: Ihr „Tatort“ war ein kräftiger Rundumschlag gegen Gewerkschaftsbonzen, gegen V-Leute, BKA-Machenschaften und bezog Partei für die revoltierenden Arbeiter. Gab es da keinen Ärger beim Sender?

Karin Hercher: Beim Sender nicht. Aber wir hatten große Schwierigkeiten, in Duisburg unsere Motive zu finden. Wir wollten zuerst bei Krupp drehen. Nachdem dort das Drehbuch auszugsweise bekannt wurde, haben die uns ohne eine Begründung abgesagt. Am Ende hat uns der Oberbürgermeister von Duisburg geholfen, und wir konnten auf einer alten Kupferhütte drehen.

Die Parallele zu Rheinhausen war unübersehbar.

Richtig, das war das Modell. Der Film war ein kleiner Solidaritätsbeitrag für die Arbeiter in Rheinhausen. Aber es war nicht nur Rheinhausen. Es war auch die 'Spiegel'-Meldung über die Befriedungsstrategien des BKA.

Stimmt es, daß Sie Originalaufnahmen vom Arbeitskampf eingeblendet haben?

In einer kurzen Sequenz in Schimanskis Wohnung flimmerte das über seinen Fernsehapparat. Das war die einzige Szene.

Im WDR gab es schon vor der Ausstrahlung in einem Vorabbeitrag einen Verriß. Was sagen Sie zu der Kritik, daß Sie zuviele Klischees verbraten haben und das ganze ein stark überzeichnetes, verlogenes Ruhrpottmärchen geworden ist?

Ich kenne bisher nur die Kritik von heute morgen im Südwestfunk III, die war sehr gut. Die Drehbuchautoren haben jedenfalls sehr genau recherchiert. Klar provoziert solch ein „Tatort“ viel Kritik, weil es ans Eingemachte geht. Hier werden gesellschaftliche Mißstände aufgezeigt.

Götz George hat bei „Tatort„-Drehbüchern ein Vetorecht. Fand er die Geschichte gut?

Wir standen alle hinter dem Stoff und natürlich auch Götz George. Es war halt mal ein außergewöhnlicher „Tatort“, dessen Szenerie vor einem Jahr eine große politische Brisanz hatte. Da haben wir einige alte Wunden geöffnet, und das tut natürlich manchen Leuten weh.

Ich fand es großartig, daß so was mal Krimi-Thema wird, aber teilweise auch zu platt. Die Arbeiter mit ihrem Karnickelbraten, sonst nix zu fressen, der versoffene, zynische Intellektuelle in seiner Laube. Stimmt dieses Bild von der BRD?

Es ging nicht darum, ein für die Bundesrepublik typisches Bild zu zeichnen. Es ging um den Ruhrpott, und ich war bei der Recherche bei Leuten, die ihre Karnickel noch selber schlachten. Es ist heutzutage so: Wenn man Realität zeigt, dann halten das viele für ein Klischee. Aber viele Leute haben nun mal kein Geld. Es ist nicht alles Eiapopeia und das Wirtschaftswunder blüht. Es gibt 'ne Menge arme Leute in der Bundesrepublik mit erschütternden Schicksalen.

Hatten Sie persönlich Kontakt zu dem Arbeitskampf in Rheinhausen?

Nein, ich habe mir nur sehr viel Filmmaterial dazu angesehen. Aber Axel Götz und Thomas Weßkamp, die beiden Drehbuchautoren, waren in dem Arbeitskampf sehr engagiert. Beide sind damals spontan nach Rheinhausen gefahren.

Haben Sie bei der Realisierung des Films mit Leuten aus Rheinhausen diskutiert?

Wir haben schon diskutiert, aber wir waren dabei vorsichtig und haben nicht viel über den Film verraten. Meine Absicht war allerdings auch nie, einen Dokumentarfilm zu drehen, sondern einen Fernsehfilm.

Hat das BKA bei Ihnen schon angerufen?

Nee, das kann ja noch kommen. Aber wir sollten froh sein, wenn unser „Tatort“ ein bißchen Wirbel macht und ein paar Leutchen zum Nachdenken bringt.

Interview: Manfred Kriener

Karin Hercher (49) ist vor vier Jahren aus der DDR in die BRD gekommen. Sie war zuletzt Regisseurin von 42 Folgen „Lindenstraße“ und will nach ihrem Debüt gerne noch weitere Folgen des „Tatort“ drehen.

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