„Wer will, muß mehr Miete zahlen dürfen“

■ Der Verband der Freien Wohnungsunternehmen fordert Staatsknete / Dringender Appell an den Senat sichere Rahmenbedingungen zu schaffen / Angespannter Wohnungsmarkt könne freifinanziert entspannt werden / Bausenator weist Larmoyanz zurück

„Bisher haben wir noch von keinem Senat Streicheleinheiten erhalten. Weder von den Sozialliberalen, noch von Schwarz -Gelb und von Rot-Grün erwarten wir das auch nicht.“ Derart benachteiligt, aber dennoch ungebrochen, ging gestern der Landesverband Freier Wohnungsunternehmen (LFW) in die Offensive. Mit großer Sorge würde der Verband auf die Bau -Zukunft Berlins blicken. Nach jahrelanger Stagnation im Wohnungsbau und in dem Irrglauben, daß der Wohnungsmarkt gesättigt sei, hätte sich - Volkszählung sei Dank - seit geraumer Zeit bestätigt, daß der Wohnungsbedarf größer sei als bislang angenommen. Die Tatsache, daß es „praktisch keinen Leerstand“ mehr gebe, wird als weiterer Beweis angeführt. Die geplanten 28.000 Wohnungen, die der neue Senat in den nächsten vier Jahren bauen will, würden laut LFW allerdings nicht ausreichen. Angesichts der Zuzüge von Aussiedlern und Zuwanderern und des Sinkens der Personenzahl pro Haushalt müßten rund 60.000 Wohnungen gebaut werden. Aus „Mitverantwortung für das Wohlergehen der Menschen dieser Stadt“ erklärte der LFW seine Bereitschaft, den angespannten Wohnungsmarkt zu entlasten.

Dem stehen allerdings die Aussagen des „sog. Koalitionspapiers“ (LFW) entgegen. Aufs Heftigste kritisierte Gerhard Bubel, Vorsitzender des LFW, die geplante Abschaffung der öffentlichen Förderung des freifinanzierten Wohnungsbaus zugunsten des sozialen Wohnungsbaus. Dies sei nicht nur eine Ungleichbehandlung privater und öffentlicher Bauträger, sondern auch von der Zielsetzung her falsch. Der LFW fordert deshalb die Beachtung des Subsidiaritätsprinzips, nämlich daß diejenigen, die mehr für eine Wohnung zahlen wollen, dies auch dürften. Deshalb müßte der freifinanzierte Wohnungsbau ausgeweitet und das Eigentumsprogramm verstärkt werden.

Sorge bereitet dem LFW auch die Finanzierung des Wohnungsbauprogramms. Da aufgrund der alten Richtlinien, sprich Abschreibungsmöglichkeiten mit erheblichen Gewinnspannen, bisher private Anleger aus der Bundesrepublik ihr Geld in den Berliner Wohnungsbau investierten, könnte es durchaus passieren, daß diese aufgrund der rot-grünen Vereinbarungen ihr Geld lieber anderweitig anlegten. Dann könne man aufhören, so der LFW, über nennenswerte Zahlen beim Neubau auch nur ein Wort zu verschwenden. Fehlende bebaubare Grundstücke wären für den Verband, könnte er wie er wollte, im Gegensatz zum Senat kein Problem. Man denke über Reserveflächen wie z.B. den Potsdamer Platz oder auch allzu großzügige Hinterhöfe im Bereich des Kurfürstendamms nach. Auch eine höhere Bebauung vorhandener Flächen könnte das Grundstücksproblem lösen. Der Verband bezeichnete in diesem Zusammenhang die Absicht des Senats, den Flächennutzungsplan zugunsten von mehr „Grün“ ändern zu wollen, als abenteuerlich.

Bausenator Wolfgang Nagel reagierte auf die Vorwürfe des Verbandes gelassen: „Wenn angesichts der neuen Senatspolitik, die auf einen verantwortungsvolleren Umgang mit Steuergeldern abzielt, die Vertreter der privaten Bauträger, in der Hauptsache Abschreibungsgesellschaften, jetzt vehement lamentieren, dann ist das verständlich, aber sachlich nicht gerechtfertigt.“ Schließlich hindere niemanden die privaten Bauträger daran, Förderungsanträge für den sozialen Wohnungsbau zu stellen.

du