Zum Schnüffeln ein Fragebogen

Ermittlungen wegen Paragraph 218 in Rheinland-Pfalz / Frauen mußten intime Details preisgeben  ■ D O K U M E N T A T I O N

Für ein „unzulässiges Beweismittel“ halten die Grünen in Rheinland-Pfalz den Fragebogen, mit dem 180 Frauen bei Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Frauenärzte traktiert wurden. Deshalb haben sie ihn jetzt veröffentlicht.

Die Situation in Rheinland-Pfalz ist kompliziert: Patientinnenkarteien von Frauenärzten wurden wegen des Verdachts des „Kassenbetrugs“ beschlagnahmt. Wie in Memmingen nutzte die Staatsanwaltschaft die „Gelegenheit“, um die Karteikarten nach Abtreibungen zu durchschnüffeln. Prompt wurden dann auch Ermittlungen gegen Ärzte wegen Verstoßes gegen § 218 eingeleitet. Im Gegensatz zu Memmingen wurde gegen die Frauen selbst jedoch nicht ermittelt, sie wurden nur als Zeuginnen vernommen. Auch wurde vom Gericht bis jetzt noch keine Klage wegen § 218 angenommen und folglich noch kein Prozeß eröffnet.

Für ein „reines Ablenkungsmanöver“ halten die Grünen die Zusage von Justizminister Peter Caesar (FDP), den Fragebogen nun nicht mehr zu verwenden. Schließlich seien die Vernehmungen der Frauen mittlerweile abgeschlossen. Sie halten den Fragebogen für rechtswidrig. Das Verfahren gegen die Ärzte müsse deshalb eingestellt werden, argumentieren die Grünen. Denn es basiere auf unzulässigen Beweismitteln.GS

A) Persönliche Verhältnisse der Zeugin zum Zeitpunkt des Schwangerschaftsabbruchs

1. Familienstand der Zeugin (led., verh., geschieden)? a) Wäre ein unterhaltspflichtiger Vater vorhanden gewesen?

2. Wie bestreitet die Zeugin ihren Lebensunterhalt? a) Arbeitsstelle / Ausbildung b) Einkommen?

3. Wo wohnt die Zeugin (zur Miete, eigenes Haus etc.)? Größe der Wohnung

4. Hat die Zeugin mit dem Sozialamt gesprochen, um finanzielle Schwierigkeiten zu beseitigen? Wenn nein, warum nicht?

5. Wieviele Kinder hatte die Zeugin?

6. Wurde über eine Adoption nachgedacht? a) Wenn nein, warum nicht? b) Welche triftigen Gründe standen einer Adoption entgegen?

7. Grund für den Schwangerschaftsabbruch? a) Wer war treibende Kraft für die Durchführung des Schwangerschaftsabbruches?

8. Wurde bereits ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt?

9. Hat die Zeugin nach dem Abbruch noch Kinder bekommen? a) Wenn ja, was hat sich an ihren sozialen Verhältnissen Grundlegendes geändert?

B) Indikationen zum Schwangerschaftsabbruch

10. Welcher Sozialträger (Diakonisches Werk/Caritas) hat wo die Indikation gestellt? a) Unter Verwendung welchen Materials?

D.h. wie wurde sich über die sozialen Verhältnisse Gewißheit veschafft? (Wohnung aufgesucht etc.)

11. Wann wurde diese Indikation gestellt? a) Wieviele Tage vor dem tatsächlichen Eingriff?

12. Welcher Arzt hat die medizinische Beratung wo und wann vorgenommen? a) Wie hat die Zeugin die soziale Notlage gegenüber dem feststellenden Arzt begründet? b) Hat der Arzt eine Bescheinigung für den abtreibenden Arzt ausgestellt oder lediglich einen Überweisungsschein mit einem darauf vermerkten Auftrag zum Schwangerschaftsabbruch? c) War die Patientin dem Arzt vorher bekannt?

13. Werden die Ärzte und die Beratungsstellen von ihrer Schweigepflicht entbunden?

C) Schwangerschaftsabbruch durch Dr. Y

14. In der wievielten Schwangerschaftswoche wurde der Abbruch durchgeführt? a) Welche Schwangerschaftswoche wurde durch Dr. Y festgestellt?

15. Hat Dr. Y Feststellungen bezüglich der sozialen Indikation getroffen oder gegebenenfalls seine Frau? a) Wurde diese Feststellung flüchtig getroffen? b) Wurde diese Feststellung gründlich getroffen? c) Worauf basieren die Feststellungen?

16. Hat die Zeugin dem Arzt die Wahrheit über ihre soziale Lage gesagt, oder hat sie diesbezüglich bewußt unwahre oder unvollständige Angaben gemacht?

17. Wurde von Dr. Y vom Schwangerschaftsabbruch abgeraten? a) Wurde auf andere Möglichkeiten wie z.B. Adoption etc. hingewiesen?

18. Wurde über andere soziale Hilfen gesprochen?

19. Wielange dauerte etwa das Gespräch zwischen der Zeugin und Dr. Y bezüglich der Feststellung, ob überhaupt eine soziale Indikation gegeben ist?

20. Gab es bei dem Abbruch irgendwelche Komplikationen?

21. Wurde der Praxis Y eine schriftliche Ermächtigung zum Einlösen von Medikamenten bzw. von Rezepten in der Apotheke erteilt?

22. Wurden der Zeugung „Ärztemuster“ mitgegeben?

23. Würde die Zeugin noch einmal abtreiben? a) Wenn nein, warum nicht?

24. Wurden für die Abtreibung irgendwelche Zahlungen in bar (also Abrechung nicht über die Krankenkassen) an den Arzt geleistet? a) Wenn ja, warum?