Staatsstreich aus der Zelle

Rebmanns Angst vor den Hungerstreikenden  ■ G A S T K O M M E N T A R E

Der Generalbundesanwalt Rebmann hat zur Rechtfertigung seiner unversöhnlichen Posititon gegenüber den im Hungerstreik befindlichen Häftlingen ein Papier vorgelegt, in dem er deren Haftbedingungen Punkt um Punkt auflistet. Daß man darüber auch ganz anderer Ansicht sein kann und die Zellen eben doch keine Hotelzimmer sind, hat die taz in ihrer gestrigen Ausgabe dargestellt.

In dem Rebmann-Papier findet sich folgendes Argument für die Fortsetzung der Einzelhaft: Die Zusammenlegung der politischen Häftlinge würde dazu benützt, „den Kampf aus der Zelle heraus fortzusetzen“. Es würden also ein Dutzend oder gar dreißig dieser ungeheuer gefährlichen Gewalttäter aus den Zellen hervorbrechen, das Aufsichtspersonal niedermachen, durchs aufgesprengte Tor ins Freie gelangen, in die dort von Sympathisanten bereitgestellten Autos steigen, zwei Stunden später in Bonn sein und mit ihrer Hauptstreitmacht das Bundeskanzleramt stürmen. Eine Stunde später wären Kohl und Rebmann in Geiselhaft genommen, die RAF besetzte die Führungspositionen, schaltete die Bundeswehr aus, und ...!

Wenn Rebmanns Furcht vor dem „Kampf“ der Häftlinge nicht pure Demagogie wäre, dann müßte er sich vorstellen können, daß diese waffenlosen Häftlinge zu etwas derartigem imstande seien. Aber nicht einmal er, in Wahnvorstellungen befangen, kann sich vormachen, Menschen, deren einzige „Waffe“ der Hungerstreik ist, könnten dem Staat einen „Kampf“ liefern. Das heißt, die Verwendung dieses Begriffes reproduziert die Geistesverfassung einer ins Psychopathische abgeglittenen Persönlichkeit, für die jede Störung einer mit „Gewaltmonopol“ des Staates durchgesetzten „Ordnung“, der alles Menschliche fremd ist, unerträglich ist. Er fürchtet nichts, denn da ist nichts zu fürchten, aber er hat Angst. Angst ohne reale Ursache ist das bestimmende Element seines seelischen Zustandes. Insofern ist er ein Zwillingsbruder von Typen wie diesem Herrn Schönhuber, der ebenso grundlos Angst vor einer machtlosen und rechtlosen Minderheit empfindet, zum Beispiel vor den Türken. Der fischt im westdeutschen Tümpel nicht ohne Erfolg nach anderen Angsthasen, aber es ist ihm bisher doch nicht das Recht auf legal betriebene Menschenschinderei eingeräumt. Darüber verfügt Rebmann, jetzt sogar noch für ein weiteres Jahr. Damit riskiert er allerdings, es noch im Amt mit Toten in der Zelle zu tun zu bekommen; sie hätten ihm dann durch Selbstaufopferung einen „Kampf“ geliefert, zu dem er maßgeblich die Voraussetzungen schaffte.

Erich Kuby