„Im Moment gibt es keine andere Hoffnung“

Der schleswig-holsteinische Justizminister Klaus Klingner (SPD) zum RAF-Hungerstreik und SPD-Ländervorstoß  ■ I N T E R V I E W

taz: Herr Klingner, die Gefangenen haben den SPD -Ländervorschlag zur Bildung kleiner Gruppen inzwischen abgelehnt. Haben Sie etwas anderes erwartet?

Klaus Klingner: Ich hoffe, daß dies nicht das letzte Wort ist. Wir haben unseren Vorstoß gemacht, um den Kinkel -Vorschlag in unserem Verantwortungsbereich umzusetzen und ein Signal zur Deeskalation zu geben. Von diesem Signal hoffen wir noch immer, daß sich ihm andere anschließen. Wir sind bewußt von den Zahlen und Bedingungen her keinen eigenen Weg gegangen, sondern haben uns auf der Grundlage des Kinkel-Vorschlags bewegt, um andern Ländern das Einschwenken zu ermöglichen.

Die Umsetzung Ihres Modells hätte nur die zehn in Schleswig -Holstein, Berlin, und Nordrhein-Westfalen inhaftierten rechtskräftig verurteilten Gefangenen betroffen. Ist eine Zustimmung da überhaupt denkbar? Sie würden damit praktisch zwei Klassen von Gefangenen schaffen.

Das Angebot soll auch für weitere Gefangene gelten. Wir haben uns von der Hoffnung leiten lassen, daß nach der ersten Ablehnung durch vier Länder doch noch der Kinkel -Vorschlag in weiteren Ländern und bundesweit umgesetzt werden kann. Diese vier Länder sind wie die anderen von Kinkel aufgefordert worden, Fünfergruppen in ihrem Bereich zu bilden.

Sie haben die Bedingung gestellt, daß der Hungerstreik abgebrochen wird. Mit der vagen Hoffnung, daß sich die anderen Länder doch noch anschließen, ist das für die Gefangenen eine Zumutung.

Die Frage ist, ob sie eine andere Hoffnung haben. Dies ist eine Chance. Im Moment gibt es keine andere, weil es für die Forderung „ein bis zwei große Gruppen“ keine Realisierungsmöglichkeit gibt. Es gibt zunächst das Papier des Verfassungsschutzes und mit der höchsten Autorität den Kinkel-Vorschlag. So etwas kann umgesetzt werden. Aber es macht für uns keinen Sinn, das umzusetzen, und es gibt auch nicht die erhoffte Sogwirkung auf andere Länder, wenn der Hungerstreik weitergeht.

Wollen Sie als andere Möglichkeit auch versuchen, Gefangene aus den unionsregierten Ländern zur Bildung von Gruppen in Ihren Zuständigkeitsbereich zu holen?

Der Kinkel-Vorschlag sieht vor, daß in fünf Ländern je eine Fünfergruppe gebildet wird. Darauf haben wir uns eingelassen.

Warum ist eine größere Gruppe für Sie soviel gefährlicher als eine Vierer- oder Sechsergruppe?

Ich bin kein Zahlendogmatiker. Aber die geforderten ein oder zwei großen Gruppen sollen auch Untersuchungsgefangene umfassen und sind letztlich nach oben unbegrenzt. Das ist nicht akzeptabel und geht auch schon aus gesetzlichen Gründen nicht. Für mich gibt es eine Grundlage - ich nannte die Zahl fünf -, auf der sich die überwiegende Zahl der Länder verständigen kann. Wenn es denn überhaupt eine Verständigung geben kann, dann ist es diese Zahl.

Interview: Gerd Rosenkranz