SPD will 1.000 Wohnungen jährlich bauen

■ Kehrtwende in der Wohnungsbaupolitik: auch 400 Mietwohnungen sollen aus öffentlichen Mitteln subventioniert werden Rotes Licht für den Naturschutz: SPD-Fraktion einstimmig auch für die Hollerland-Bebauung

„Kunick war erst kurz im Amt. Da ist es wohl zu Verwechslungen gekommen.“ Ein bißchen süffisant beantwortete gestern SPD-Fraktionschef Claus Dittbrenner die Frage, wie es denn zur Kehrtwende in der SPD-Wohnungsbaupolitik gekommen sei. Denn anders als Kunick, der fast nur Eigentumsmaßnahmen fördern wollte, will die SPD-Fraktion ein Wohnungsbauprogramm auch für geförderten Mietwohnungsbau auflegen. In einem Dringlichkeitsantrag für die kommende Bürgerschaftssitzung, den Dittbrenner und der Bauexperte der Fraktion und Gewoba-Aufsichtsratsvorsitzende Bernd Meyer gestern der Presse vorstellten, heißt es: „In dieser Legislaturperiode

werden jährlich bis zu 400 Miet-und 600 Eigentumswohnungen gefördert.“

15 Millionen Mark zusätzliche Belastung für den leeren Landeshaushalt hat die SPD-Fraktion für diese Initiative eingerechnet und hat sich dabei schon der Unterstützung von Finanzsenator Curt Grobecker versichert. „Wir gehen damit in eine höhere Verschuldung hinein“, kalkuliert Dittbrenner, eine Verschuldung, die man nicht zuletzt wegen der Wahlerfolge rechter Parteien inkauf nimmt. Bernd Meyer: „Wohnungspolitik ist wählerrelevant.“

In einem dicken Papier hat eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe der Fraktion Daten zur Wohnungsnot in

Bremen zusammengetragen. Leerstände in Wohnungen gemeinnütziger Unternehmen gibt es, mit rückläufiger Tendenz nur noch in Bremerhaven. Gesantzahl der leere Wohnungen: 212. Die Zahl der Wohnungssuchenden dagegen ist nach einer Erhebung der Wohnungsunternehmen auf 24.123 im Lande Bremen gestiegen. Allein für Aussiedler, so hat die SPD errechnet, ergibt sich ein jährlicher Bedarf von 1.000 Wohnungen. Und auch für andere Gruppen, die dringend auf preiswerten Wohnraum angewiesen sind, wird die Lage noch kritischer werden. Für Drogenabhängige, Strafentlassene, alte Menschen, Behinderte, Studenten, politische Flüchtlinge. Meyer:

„Der Schwächste findet keine Wohnung mehr.“

Mit den 1.000 neuen Wohnungen jährlich, das weiß auch die SPD, ist die Wohnungsnot nicht zu beheben. Und so setzt Dittbrenner darauf, daß auch der freifinanzierte Wohnungsbau, zum Beispiel in der Stadtmitte, in Schwung kommt. Und um die 1.000 geförderten Wohnungen pro Jahr überhaupt erstellt zu bekommen, bedarf es einer erheblichen Anstrengung in der Bauverwaltung. „Wir erwarten, daß Kunick in der Lage ist, dies ehrgeizige Programm umzusetzen“, meinte der Ex-Bausenator-Kandidat Dittbrenner. Dafür soll Kunick auch neue Leute bekommen, denn, so Dittbrenner: „Mit die

sem Personal ist das nicht zu leisten. Hollerland wird beplant

Mit Lückenbebauung und dem Ausbau von Dachgeschossen, so hat die SPD errechnet, wird sich das Wohnungsproblem nicht lösen lassen. Deshalb sollen jetzt auch drei größere zusammenhängende Gebiete, die im Flächennutzungsplan als Wohngebiet ausgewiesen sind, beplant werden: In Arsten, in Findorff-Weidedamm und, so will es die SPD-Fraktion einstimmig, auch im Hollerland. Bevor in dem ökologisch wertvollen Gebiet Bagger und Kräne auflaufen, soll aber erstens noch politisch diskutiert und zweitens bei der Planung ökolo

gisch Rücksicht genommen werden. Ein „System von Grachten“ kann sich Dittbrenner vorstellen, um das Feuchtgebiet zu entwässern und über den Erhalt des Pappelwäldchens soll nachgedacht werden.

Das dort Einfamilienhäuschen für den gehobenen Bedarf entstehen, ist für den Fraktionschef noch nicht ausgemachte Sache. Er kann sich dort auch, in Uninähe, Wohnungen vorstellen, die für Studenten bezahlbar wären. Und wann ist es soweit? „Die Geschwindigkeit hängt von der Verwaltung ab“, sagt Bernd Meyer und: „Selbst wenn man das planungsmäßig hochzieht, wird das erste Haus erst in drei bis vier Jahren stehen.“

hbk