Tegeler Trinkwasser mit Geschmack

■ Hunderttausend Liter Benzin flossen gestern nachmittag in Haselhorst aus Tankwagen der Eisenbahn / Der Boden wurde verseucht / Explosionsgefahr am Abend gebannt / Staatsekretär Groth ordnete Bodenaustausch an

Etwa 100.000 Liter Benzin, die am Freitag nachmittag aus sechs Eisenbahnwaggons in Haselhorst ausgelaufen sind, haben das Erdreich verseucht und Explosionsgefahren heraufbeschworen. Die Grundwassergefährdung sei „erheblich“, teilte die Senatsumweltverwaltung mit. Der Unglücksort befindet sich im Einzugsgebiet des Wasserwerks Tegel. Ob das Benzin das Grundwasser erreicht hat, blieb gestern noch ungeklärt. Noch am Abend blieben Feuerwehr, Polizei und Senatsumweltschützer im Einsatz an dem Unglücksort.

Die Explosionsgefahr war gegen Abend jedoch gebannt. Der Kohlenwasserstoffgehalt in der Bodenluft lag, wie Messungen ergaben, unter den kritischen Werten. Die Messungen wurden jedoch fortgesetzt. Wie Umwelt-Staatssekretär Klaus Groth der taz sagte, muß die Firma Rhenus heute früh mit der Entfernung des verseuchten Erdreichs beginnen. Das Wochenende über sollen die Bohrungen fortgesetzt werden, die Aufschluß geben sollen, wie tief das Benzin in den Boden gedrungen ist.

Zu dem Unglück kam es, als eine Lokomotive auf dem Esso -Tanklager am Salzhof sechs Kesselwagen in Bewegung setzte, die noch entladen wurden. Die Schläuche rissen ab und die Bodenventile der Waggons blieben offen. Deshalb sickerte das Benzin während der Fahrt entlang der Daumstraße auf einer Strecke von etwa einem Kilometer ins Erdreich. Verantwortlich war vermutlich ein Rangierer der Firma Rhenus, der irrtümlich die noch nicht entladenen Waggons an einen Zug mit leeren Waggons gehängt hatte. Rhenus betreibt den Eisenbahnverkehr in diesem Industriegebiet.

In dem Gebiet wohnen lediglich einige Firmenangestellte, die als Hausmeister oder Aufsichtspersonal fungieren. Beschäftigte des Shell-Tanklagers hatten um 15 Uhr die Polizei alarmiert. Staatssekretär Groth und andere Angehörige der Umweltverwaltung besichtigten den Schaden. Am Nachmittag setzte die Feuerwehr 35 Fahrzeuge mit über 100 Beamten ein. Die Polizei sperrte das Gelände ab und informierte in halbstündigen Lautsprecherdurchsagen die Bevölkerung.

Für das Trinkwasser bestehe „keine akute Gefahr“, erklärte Staatssekretär Groth gegenüber der taz. Es könne Jahre dauern, bis das Benzin das Wasserwerk erreiche. Allerdings drohen teure Sanierungsarbeiten, falls das Benzin tatsächlich das Grundwasser erreicht hat. „Historisch“ begründet sei die Nachbarschaft von Tanklagern und Trinkwassergewinnungszonen, sagte Groth gestern. Die Wasserschutzzone des Wasserwerks beginnt erst in einer Fließentfernung von 50 Tagen vom Wasserwerk. Die Staatsanwaltschaft muß jetzt ermitteln, ob es strafrechtlich Verantwortliche für das Unglück gibt.

hmt