RAF und Alkoholismus

■ Ein humanitärer Aufruf zur Hungerstreik-Demonstration

Bonn (taz) - Humanistische Union, Grüne, Jungsozialisten und andere des Linksradikalismus unverdächtige Organisationen sind unversehens in die Lage geraten, zu einer verbotenen Demonstration aufzurufen: der Hungerstreik-Demo am 29. April in Bonn. Nach den neuen Sicherheitsgesetzen, die nächste Woche verabschiedet werden, ist das mit bis zu einem Jahr Gefängnis strafbar. Die Zivilcourage wurde durch den Gang der Ereignisse aufgenötigt: Ihr Aufruf zur Demonstration war noch nicht gedruckt, als das Verbot kam. Andreas Buro vom Grundrechte-Komitee meinte gestern auf einer Pressekonferenz, man nehme „die Herausforderung“ dieser Demonstration an; Ulrich Vultejus, Vorsitzender der Humanistischen Union, sprach von „einem hohen Risiko“.

Damit ist allerdings nicht nur die Unkalkulierbarkeit staatlicher Repression gemeint, sondern auch die Tatsache, daß diese Demonstration von autonomen und „antiimperialistischen“ Gruppen initiiert wurde. Vultejus gab sich alle Mühe, die Journalisten von der Integrationskraft der „vernünftigen Kräfte“ zu überzeugen. Die Argumentation von ihm und seinen Mitstreitern, die humanitäre Berechtigung der Zusammenlegung zu unterstreichen, kann ein wichtiges Schutzschild für die Demonstration sein. Wenn dabei allerdings die sogenannte „Resozialisierungsfähigkeit“ der RAF-Gefangenen das Hauptargument ist, wird die Grenze zum Komischen rasch überschritten: Ausgerechnet die Anonymen Alkoholiker nannte Vultejus als Beispiel, daß doch überall „Gruppen mit den gleichen Problemen zusammenkommen“ wollen...

Charlotte Wiedemann