Der 'Vorwärts‘ ist Geschichte

Der SPD-Bundesvorstand stellte nach mehrmonatiger Diskussion endgültig die Wochenzeitung 'Vorwärts‘ ein / „Scheiße“, sagt der Chefredakteur und bedankt sich für die große Solidarität aus der Partei  ■  Aus Bonn Gerd Nowakowski

Heute erscheint die letzte Ausgabe des 'Vorwärts‘, dann ist er mausetot. Der SPD-Vorstand entschied gestern in Bonn, die defizitäre Wochenzeitung mit sofortiger Wirkung einzustellen. Statt dessen soll die bisherige Mitgliederzeitung 'Sozialdemokrat Magazin‘ als Monatsmagazin unter dem traditionsreichen Namen 'Vorwärts‘ ausgebaut werden und auch am Kiosk erscheinen, erläuterte Schatzmeister Ulrich Klose. Man habe sich zur Entscheidung „durchgerungen“, meinte Klose mit telegener Büßermiene. Die SPD sei aber „finanziell nicht stark genug“, um beide Zeitungen weiterzuführen. Das neue Magazin soll aber keine bloße Mischung, sondern ein neues Produkt darstellen. Die endgültige Form werde das neue Blatt allerdings erst in einigen Monaten gefunden haben. Die 830.000 Mitglieder werden das Blatt kostenlos erhalten, an den Kiosk geht man mit einer Startauflage von 60.000 Exemplaren. Der 'Vorwärts‘ hat derzeit eine Auflage von 40.000 Exemplaren.

Für die Einstellung, um die in der SPD seit etlichen Monaten heftig gestritten wurde, stimmten 15 Mitglieder, 10 Vorständler waren dagegen. Von den 40 Vorstandsmitgliedern waren nur 25 anwesend. Auch Parteichef Jochen Vogel sei für die Einstellung gewesen. Den rund 40 Mitarbeitern und Redakteuren werde fristgemäß gekündigt, ein Sozialplan sei mit dem Betriebsrat unterschriftsreif vereinbart, teilte Ulrich Klose mit.

„Scheiße“, war der knappe Kommentar des Chefredakteurs und Bundestagsabgeordneten Günter Verheugen zum Einstellungsbeschluß. Er habe zwar noch bis zum Schluß gehofft, doch mit dem „politischen Verstand“ keinen anderen Beschluß erwartet. Chefredakteur Verheugen äußerte die Befürchtung, daß der größte Teil der Redakteure in die Dauerarbeitslosigkeit gehe. Dem neuen Magazin bescheinigte Günter Verheugen Konzeptlosigkeit. Der letzte Chefredakteur bedankte sich gleichzeitig für die große Solidarität aus der Partei und den 7.000 Neuabonnenten, die das Blatt in den letzten Monaten mit einer Rettungskampagne gewinnen konnte.