Bush hält Contra ein Jahr länger am Leben

Plan der neuen Administration am Potomac geht auf / Kongreß stimmt der „humanitären“ Contra-Hilfe in Höhe von fast 50 Millionen Dollar zu / Managua weiter unter Druck / Zweifel an Änderung der Mittelamerikapolitik der USA bei einigen wenigen Demokraten  ■  Von Ralf Leonhard

Berlin (taz) - Die Contras sind vorerst gerettet. Mit der reibungslosen Bewilligung der neuen „humanitären“ Hilfe durch beide Häuser des Kongresses wurden der Zentralamerikapolitik der neuen Regierung die Wege geebnet. Außenminister Baker bekam, was er für die Entwicklung seiner Politik in der Krisenregion für unerläßlich hält: die Erhaltung der Contras als Druckmittel gegen die Sandinisten und einen breiten überparteilichen Konsens im Kapitol.

Selten hat das von den Demokraten dominierte Repräsentantenhaus in Sachen Nicaragua eine Entscheidung mit so klarer Mehrheit gefällt: mit 309 gegen 110 Stimmen wurde am Donnerstag ein Paket von 49,8 Millionen Dollar bewilligt. Netto! Für Transport und Verwaltung kommen noch einmal 12,7 Mio. Dollar dazu. Für die Verarztung ziviler Opfer der früheren offiziellen und verdeckten Waffenhilfe wurden weitere 4,2 Mio. Dollar abgesegnet. Der Senat, in dem die Demokraten auch die Mehrheit halten, stimmte gar mit 89:9 ab.

Für Jim Wright, dem demokratischen Präsidenten des Repräsentantenhauses, ist die Abstimmung ein historischer Wendepunkt: „Damit enden bewaffnete Einmischungen und verdeckte Aktionen zum Sturz von Regierungen in dieser Hemisphäre.“ Gleichzeitig „sagen wir damit den Nicaraguanern, daß wir auf die Erfüllung ihrer Verpflichtungen zur inneren Demokratisierung warten“.

Nicaraguas Präsident Daniel Ortega hatte Mitte Februar beim jüngsten Gipfel der fünf zentralamerikanischen Präsidenten die Reform des Wahl- und des Mediengesetzes versprochen und den Termin für Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen auf den 25. Februar 1990 festgesetzt. Die Staatschefs beschlossen damals in El Salvador die Auflösung der Contras und deren Repatriierung oder Unterbringung in Drittländern. Inzwischen hat sich sogar der Einsatz von ausländischen Beobachtern konkretisiert. Zivile Militärfachleute aus der BRD, Spanien, Kanada und einem südamerikanischen Land sollen Grenzverletzungen verhindern.

Honduras, das jahrelang ihre schützenden Hände über die auf ihrem Territorium lagernden Konterrevolutionäre gebreitet hatte, hat der Auflösung der Lager ausdrücklich zugestimmt. Von einem Besuch in Washington kam Präsident Jose Azcona allerdings bekehrt zurück: „Humanitäre“ Hilfe sei mit dem Friedensplan durchaus vereinbar. Und selbst Friedensnobelpreisträger Oscar Arias, der jahrelang gegen Reagans Kriegspolitik ankämpfte, ließ sich von Bush überzeugen: Zuerst müssen sich die Sandinisten demokratisieren, dann können die Contras demobilisiert werden.

Die nicht-tödliche Contra-Hilfe, die von Zelten und Uniformen bis zu Fernsehgeräten und Deodorants alles umfaßt, was das Lagerleben angenehmer macht, soll bis Ende Februar 1990 reichen. Also bis zu den Wahlen in Nicaragua, an denen sich ja die Contra-Führer in einem Bündnis mit der restlichen Opposition beteiligen wollen. Contra-Einheiten, die die Waffenruhe brechen oder die Menschenrechte verletzen, so heißt es in der Vorlage, werden von der Versorgung ausgeschlossen. Wenn das politische System nicht zur Zufriedenheit der Bush-Administration reformiert wird (oder die Sandinisten trotzdem an der Macht bleiben), dann wollen Bush und Baker erneut um Militärhilfe nachsuchen. Schon jetzt hindert sie nur die Aussicht auf eine sichere Abstimmungsniederlage daran, Waffenhilfe zu beantragen.

Auch der demokratische Abgeordnete Thomas Foglietta glaubt nicht an einen grundsätzlichen Schwenk in der Politik: „Wie kann ich dieser Regierung trauen, wenn ich lese, daß Bush bei der Beschaffung verdeckter Contra-Hilfe eine Rolle gespielt hat?“ Die direkte Verwicklung des ehemaligen Vizepräsidenten in den Iran-Contra-Skandal ist in den letzten Tagen beim Prozeß gegen den damaligen Drahtzieher North zweimal mit Dokumenten belegt worden.