Wurzelgleich-betr.: "Wird der Regenbogen einfarbig?", taz vom 10.4.89

betr.: „Wird der Regenbogen einfarbig?“, taz vom 10.4.89, Tagesthema Seite 3

Angesichts der rasanten Kooperations-Fusion, ja Einkaufswelle bei europäischen Konzernen, wird unseren grünen Freunden mit den Herkunftsfarben blau-weiß-rot wohl nichts anderes übrig bleiben, als sich mit der Geschichte der bundesrepublikanischen Grünen zu beschäftigen. Sie werden da feststellen, daß es zwar bis heute bei Mitgliedern, Mandatsträgern und Wählern in diesem unserem Lande zeitweise erhebliche (mindestens äußerlich sicht- und spürbare) Berührungsängste zwischen sozialistisch und ökologisch aufgewachsenen Grünen gibt. Daß es aber daneben in den europäischen Kirchen beispielsweise ein Angebot gibt, weder den einen noch den anderen Schwerpunkt zu privilegieren.

Der sogenannte friedenskonziliare Prozeß, zunächt von den Weltkirchen in Vancouver vor Jahren begonnen, 1988 vor allem in der BRD allerorten aktiviert und mit zwei Positionsknöpfen, zuletzt einer „Stuttgarter Erklärung“ versehen, mündet in vier Wochen in eine europäische Versammlung „Frieden in Gerechtigkeit“ in Basel ein.

Wer je die „Stuttgarter Erklärung“ vom 20.10.1988 gelesen hat, stellt einigermaßen erstaunt fest, daß dort nicht nur alle von den hiesigen Grünen auf ihr Banner gehobenen Notwendigkeiten ausführlich angesprochen und analysiert, sondern - und das dürfte für den europäischen Integrationsprozeß der Grünen aller Herkünfte von Nutzen sein - als miteinander unlösbar verbundene Dreiheit dargestellt werden. Danach gibt es keinen Frieden ohne Gerechtigkeit und Ökologie („Bewahrung der Schöpfung“), entsprechend keine Gerechtigkeit ohne Frieden und... Ebenso keine Ökologie ohne Friedenswege (vom Denken und Forschen angefangen) und Gerechtigkeit.

Bewegte aller Länder vereinigt euch eingedenk der gemeinsamen philosophischen Grundlage: Mensch und Natur sind schließlich wurzelgleich.

Gisela Canal