DVU-Redner Frey hetzt in Tuttlingen

■ Als Hauptredner einer Wahlveranstaltung fordert der rechtsradikale Verleger Gerhard Frey, „Gesindel mit Spitzhacke und Schaufel“ zu vertreiben / Autonome demonstrierten vor der Tür

Tuttlingen (taz) - Rund zwei Hundertschaften Bereitschaftspolizei und diverse staatstragende Beißmaschinen sperrten am Freitag abend die Tuttlinger Stadthalle hermetisch ab. Vor der Tür etwa 80 Autonome, drinnen gut 600 Rechtsradikale bei der Wahlkampfveranstaltung der NPD/DVU-Liste D, die ja bekanntlich mit einer gemeinsamen Liste bei den kommenden Europawahlen im Juni antreten werden.

Martin Mußgnug, NPD-Bundesvorsitzender und Rechtsanwalt in Tuttlingen, mußte sich daselbst von seiner Leibstandarte den Weg durch die Gegendemonstranten bahnen lassen, der Münchener Verleger und Multimillionär Gerhard Frey kam, abgeschirmt von einigen Bodyguards, durch einen Hintereingang.

Hauptredner Frey schrie dann das in die vollbesetzte Stadthalle, was die überwiegend jugendlichen ZuhörerInnen auch hören wollten: „Das Gesindel vor der Tür muß in die Schranken gewiesen werden“, und er schlug auch vor wie das am besten zu machen sei: „Mit Spitzhacke und Schaufel“.

Besondere Freude hatte das Publikum an Freys Ausfällen über Asylsuchende: „Neger, die mit dem Mercedes über die Grenze kommen und unserer deutschen Jugend Rauschgift verkaufen“. Und er setzt noch eins drauf: „Seit 'Onkel Toms Hütte‘, übrigens ein wunderschönes Buch, haben sich die Verhältnisse ja leider ins Gegenteil verkehrt.“

Angeheizt durch dieses Sammelsurium von Menschenverachtung, Volksverhetzung und wüstesten Schimpftiraden, waren dann auch durchaus mehrere Jungnazis bereit, „die roten Schweine vor der Tür plattzumachen“. Bei einigen Rangeleien vor der Stadthalle nahm die Polizei kurzfristig drei Gegendemonstranten fest.

Die Autonomen protestierten in Tuttlingen isoliert. Bereits am Vorabend der DVU-Kundgebung hatten sich mehrere hundert Vertreter der Kirchen, des DGB, der SPD und der Friedensinitiative zu einem Schweigemarsch versammelt.

„Wir wollten“, sagte der Tuttlinger DGB-Vorsitzende Heinz Geyer, „einer Eskalation mit rechten und linken Militanten aus dem Wege gehen.“ Heinz Geyer setzt bei seinem Kampf gegen den Rechtsradikalismus auf Überzeugungsarbeit. „Wir müssen vor allem rein in die Schulen und dort mit den Jugendlichen reden. Vor einer Halle stehen und 'Nazis raus‘ schreien, schafft uns das Problem sicher nicht vom Hals“, so der DGB-Vorsitzende.

Holger Reile