Lernen, wie man sein Wissen zu Markte trägt

■ Workshops über „Unternehmensgründungen durch Wissenschaftler“ zeigen, wie man vom Uni-Assistenten zum Unternehmer avanciert

„Die Sache ist ein richtiger Selbstläufer geworden“, sagt Helga Förster, Leiterin der Technologie-Transfer-Stelle der TU. Zum vierten Mal seit 1987 führt die Technologie-Transfer -Stelle in Zusammenarbeit mit der Technischen Fachhochschule (TFH), Banken und Unternehmensberatungen einen Workshop zum Thema „Unternehmensgründungen durch Wissenschaftler“ durch. Das Interesse an dieser Veranstaltung steige von Mal zu Mal, erklärt Helga Förster. Rund 80 Interessenten haben sich im Vortragssaal der Industrie- und Handelskammer eingefunden. Die meisten der künftigen Unternehmensgründer sind kleidungsmäßig bereits auf Karriere gestylt: Streifenhemd und Krawatte überwiegen; nur ein paar Frauen sind vertreten. Zu der Veranstaltung eingeladen wurden wissenschaftliche MitarbeiterInnen von TU und TFH.

Seit etwa 1983, so die Veranstalter, sei ein zunehmender Trend zu verzeichnen: junge Wissenschaftler und auch erfahrene Hochschullehrer wollen ihre wissenschaftlichen Ideen und Entwicklungen selbst direkt vermarkten und gründen dafür ein eigenes Unternehmen. „Ohne Umwege“, erklärt ein Vertreter der Industrie- und Handelskammer, wird so Innovation direkt in die Wirtschaft hineingetragen. Die IHK begrüßt solche Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Die Phase der Gründungseuphorie Anfangs der achtziger Jahre sei jedoch vorbei, sagt Helga Förster. „Silicon-Wedding“ sei eben doch kein zweites Silicon-Valley geworden. Die heutigen Gründer würden sich vorher viel gründlicher informieren und ihre Pläne auf eine realistischere Basis stellen.

Vor der Gründung steht die Planung. Herr Schmarbeck von der H+S Consulting GmbH projeziert diverse Folien auf die Leinwand: Finanzplanung, Geschäftsplanung, Erfolgsplanung... Am wichtigsten sei, so sein Kollege Frische von der Unternehmensberatung Frische und Partner, das Marketing. Die Chancen für die gründungswilligen Wissenschaftler stehen eins zu zehn, daß die neue Firma in fünf Jahren in ihrer ursprünglichen Form nicht mehr existiert. 95 Prozent der Neuentwicklungen erweisen sich laut Frische als Flops. Gerade Techniker und Wissenschaftler tun sich schwer als Unternehmensgründer, weil es ihnen bei ihrer kausal -logischen Denkweise schwer falle, Marketing zu erfassen. Der Nachmittag zieht sich hin mit Kurzreferaten über Unternehmensplanung, Finanzierungsmöglichkeiten, Risikokapital und Innovationsmarketing.

Auch Praxisberichte über Euphorie vor und Realität nach der Gründug fehlen nicht. Fünf Jahre etwa braucht ein neues Produkt, um sich auf dem Markt durchzusetzen. „Ich dachte, es würde ein richtiger Langeweiler“, sagt Andreas, einer der wenigen Turnschuhträger unter den Workshop-Teilnehmern. Das Angebot sei jedoch durchaus „inspirierend“. Der 30jährige Informatiker, der wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU ist, hat Ideen aus dem Software-Bereich im Kopf, die er gerne vermarkten würde - und nicht verraten will. Es sei interessant, wieviel Fördermöglichkeiten es für Gründer gäbe: „Das geht bis zu Geldgeschenken.“ Der Vermarktung von Ideen und Erfindungen, die während der Hochschultätigkeit entwickelt wurden, steht in der Regel rechtlich nichts entgegen. „Das Wissen, daß der Wissenschaftler sich während seines Studiums angeeignet hat, ist persönliches Wissen“, erklärt Helga Förster.

-guth