VERNICHTUNGSSTRATEGIE GEGEN RANDGRUPPEN

■ Selbsthilfegrupe gegen HIV-Isolation im Frauenknast

Was nutzt es schon, Anordnungen zu treffen, ohne sie den betreffenden Leuten mitzuteilen?

Ich war bis heute für eine Woche in der UHA-Hamburg und dort wissen weder die Infizierten noch die Schlusen vom täglichen Duschen. Nach wie vor besteht die Möglichkeit zweimal die Woche zu duschen.

Ich kritisiere die Isolation und Diskriminierung der Infizierten in der UHA-Hamburg aufs schärfste (sowie auch anderswo). Die Haftbedingungen sehen seit mindestens drei Jahren so aus:

-Einzelhaft auf der gesonderten (Aids)Station II

-Einzelduschen

-Keine Arbeit als Kalfaktorien

-Keine Mittelung der Haftbedingungen sowie der Gesprächsmöglichkeiten, Sonderkost, das Angebot für zwei Stunden Hofgang etc.

Ich halte die Zustände in der UHA für katastrophal, angefangen bei der Eröffnung des Todesurteils, dem positiven HIV-Befund, der ohne jegliche Auseinandersetzung erfolgt.

Gerade in dem Moment brauchte jedeR Infizierte eine medizinische sowie psychologische Beratung und kontinuierliche Betreuung - es läge dann auch im Aufgabenbereich solcher Betreuungspersonen der Infizierten mitzuteilen, welche Unterstützungsangebote diese wahrnehmen kann. Da es aber nicht genügend kompetente Personen gibt (es steht ein Arzt in der UHA zur Verfügung - also Schnellabfertigung), ist es nicht verwunderlich, daß die Infizierten permanent in Ängsten infolge der unverarbeiteten Problematik „leben oder sterben“.

Die Probleme, die aus dem Gesamtkomplex Aids (desweiteren Aids im Knast) resultieren, bringen eine kontinuierliche innere Unruhe, Unzufriedenheit, Angst vor dem noch früher eintretenden Tod bis hin zur Selbstaufgabe mit sich.

Das Aidsproblem ging durch die Weltpresse, alle Verantwortlichen der Herrschaft wissen längst, daß Knast für Infizierte, gleich die Provokation für Aids bedeutet.

Aufgrund dieser Tatsachen stellt sich die Frage, ob die jeweilige Internierung nicht gerade gelegen kommt, der Isolation und Ausgrenzung sowie der Zerstörung des „kriminellen“ Menschen wegen. Die Vorsichtsmaßnahmen wie Einzelhaft, Einzelduschen etc sind medizinisch als irrational widerlegbar und dienen als Vernichtungsstrategie für gewisse Randgruppen. Da wir in der herrschenden Politik keine für uns positive Wende der Sozialisierung - etwa eine Amnestie für Infizierte - zu erwarten haben, sollten wir, die Gefangenen uns solidarisieren um gemeinsam vorgehen zu können. Knackis, die sich der Passivität ausliefern, tun dem Staat, insbesondere der Justiz und deren Organen den größten Gefallen. Da wo Diskriminierung, Ausgrenzung, Isolation und repressive Maßnahmen an der Tagesordnung sind, wird und kann sich von alleine nichts in unserem Sinne ändern.

Wir, zwei infizierte Frauen, haben hier in der JVA-Lübeck gerade einen Antrag auf die Gründung einer Selbsthilfegruppe genehmigt bekommen. Das kann ein erster Schritt sein aktiv zu werden. Das Interesse, auch der Nichtinfizierten, ist groß und Gesprächsmaterial bietet das Thema Aids im Knast, auch auf politischem Hintergrund, ausreichend.

Unsere Haftbedingungen hier im Lauerhof habe sich nach Jahren der Hysterie, nicht zuletzt durch den Einsatz vieler guter Kämpferinnen, wieder normalisiert. Wir sind im „Normalvollzug“ integriert.

Tanja Viertler, JVA Lübeck