Rafsandschani-Freunde stellen Weichen

Über 130 Abgeordnete des iranischen Parlaments fordern eine Verfassungsreform / Politisches Vakuum nach Montazeris Rücktritt stiftet Unruhe in der iranischen Führung  ■  Von Robert Sylvester

Drei Wochen nach dem Rücktritt des designierten Khomeini -Nachfolgers Hussein Ali Montaseri haben Anhänger des iranischen Parlamentspräsidenten Rafsandschani eine Änderung der Verfassung gefordert. Mehr als die Hälfte der 260 Abgeordneten der Majlis sprachen sich in einem Brief an den Revolutionsführer dafür aus, die Rolle der Exekutive eindeutig zu definieren und darüber hinaus die Nachfolge Ruhollah Khomeinis zu regeln.

Hintergrund sind die häufigen Auseinandersetzungen zwischen Ministerpräsident und Staatschef. Rafsandschani, der selbst für den Posten des Staatschefs kandidieren will, möchte deshalb das Amt des Regierungschefs, ähnlich wie in den USA, abschaffen. Ahmad Khomeini, radikaler Sohn des Revolutionsführers, will demgegenüber eine solche Machtkonzentration in den Händen seines Konkurrenten vermeiden. Er fordert, daß Rafsandschani seinen Posten als Oberkommandierender der Streitkräfte aufgibt und einen Politiker aus dem radikalen Lager als Ministerpräsident akzeptiert, wenn er für die Präsidentschaft kandidiert.

Daneben ist nach Montaseris Abtreten aber auch das Problem der Nachfolge Khomeinis als religiöser Führer wieder offen. In der Verfassung ist die Möglichkeit vorgesehen, ein Gremium von drei bis fünf Männern zu bestimmen, falls sich keine geeignete Einzelpersönlichkeit findet. Der Rücktritt Montaseris hat in der iranischen Führungsstruktur eine Lücke hinterlassen, die nicht leicht zu schließen ist. Sollte das derzeitige Vakuum bestehen bleiben, wird es in der Nach -Khomeini-Ära, zu ernstlichen Auseinandersetzungen kommen.

Seit dem Rücktritt Montaseris wurde auch dessen Einfluß eingeschränkt. „Damit Sie die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen, empfehle ich Ihnen, Ihr Haus von unehrlichen Personen zu säubern und Oppositionelle fernzuhalten, die sich als Unterstützer des Islam und der Islamischen Republik ausgeben“, schrieb Khomeini an seinen ehemaligen Nachfolger.

Montaseris eher liberale Haltung hatte ihm viel Unterstützung aus den Reihen der jüngeren Revolutionäre, vor allem an den Universitäten und theologischen Hochschulen sowie von den Revolutionsgardisten eingebracht, da er auch die ursprünglichen Ideale der Revolution hochgehalten hatte. Seine religiösen Vertreter in diesen Institutionen hatten den Kontakt zwischen ihm und seinen Anhängern organisiert.

Verschiedentlich kam es nach dem Rücktritt Montaseris zu Unmutsäußerungen, vor allem in seiner Heimatstadt Najafabad, einem Vorort von Isfahan 600 Kilometer südlich von Teheran, gab es Proteste. Regierungstruppen verhängten eine nächtliche Ausgangssperre über die Stadt, nachdem Anhänger Montaseris in den Straßen demonstrierten. Angaben der oppositionellen Volksmudschaheddin zufolge sollen mehrere hundert Personen festgenommen worden sein.

Auch an der theologischen Hochschule Feizieh in Qom kam es zu Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern Montaseris. Vorbeugend wurden die Vertreter des ehemaligen Khomeini -Nachfolgers an den Hochschulen und in den Revolutionsgarden nach Hause geschickt.