Genscher will „Modernisierung der westlichen Ostpolitik“

Granada (ap/afp/taz) - „Man kann nicht länger von einem Ostblock sprechen“ - mit dieser Feststellung des offenbar gut genesenen Bundesaußenministers Genscher endete am Sonntag im spanischen Granada das dreitägige Treffen der EG -Außenminister. Weil es den EG-Staaten noch schwer fällt, nun selbst „Block“ zu werden, sprich: zu einer gemeinsamen Außenpolitik zu finden, wurde das Treffen als „informell“ angekündigt. Frankreich und die Bundesrepublik wollten so vermeiden, daß es zu bindenden Entscheidungen kommen könnte, etwa in der Frage eines Schuldenerlasses der lateinamerikanischen Staaten (siehe taz von gestern).

So blieb es bei Absichtserklärungen. Genscher sprach von einer „Modernisierung der westlichen Ostpolitik“ und betonte, die letzten Wahlen in der Sowjetunion hätten gezeigt, daß die Perestroika von der breiten Masse der Bevölkerung getragen werde. Auch Spaniens Außenminister und derzeitiger EG-Ratspräsident Francisco Ordonez befürwortete in seiner Abschlußerklärung angesichts des zersplitterten Ostblocks eine „globale Strategie“ gegenüber den noch -sozialistischen Ländern, wobei jedes Land für sich betrachtet werden müsse.

Konkretisierungen blieben aus. Zwar wurde Polen der Solidarität der EG versichert, doch die von Polen benötigten Kredite tauchten in den Schlußerklärungen der Minister nicht auf. Die EG-Minister kritisierten statt dessen die mangelhafte Menschenrechtspolitik Rumäniens und beschlossen eine Informationskampagne des Rats.

Wie um zu unterstreichen, welche Herausforderungen die neue Politik der Sowjetunion für die EG bedeutet, hatte der Präsident des Exekutivkomitees des Comecons, Lukanow, am Freitag in Madrid vorgeschlagen, einen europäischen Wirtschaftsraum zu schaffen, der die EG-Staaten, die der Europäischen Freihandelsassoziation EFTA und des Comecon umfaßt.

Zur Lage im Nahen Osten meinte der gastgebende Außenminister Ordonez, der zusammen mit Kollegen aus Frankreich und Griechenland eine Dreiergruppe zur Förderung einer internationalen Friedenskonferenz bildet, die Situation in den besetzten Gebieten sei „unhaltbar“. Der Ministerrat habe überlegt, die Ablösung der israelischen Besatzungsmacht durch eine EG-Friedenstruppe vorzuschlagen.

smo