„Die dritte katastrophale Personalentscheidung!“

Barbara Wesel, Sprecherin des SFB-Redakteursausschusses, zur Wahl des neuen SFB-Intendanten / Rundfunkrat hat versagt  ■ I N T E R V I E W

taz: Von den Mitarbeitern des SFB hagelt es Proteste gegen das Ergebnis der jetzigen Intendantenwahl. Was wollen Sie damit erreichen?

Barbara Wesel: Unser Ziel ist, daß Günter von Lojewski das Amt überhaupt nicht antritt. Auch wenn das vielleicht eine Illusion ist, ist das die einzige Möglichkeit, wirklich weiteren Schaden vom SFB abzuwenden. Denn mit diesem Intendanten würde der SFB noch tiefer in die Krise geraten als er ist. Wir wollen jetzt ein Komitee gründen, „Rettet den SFB“. Wir hoffen da auf die Mitarbeit von vielen Gruppen und Bürgern in der Stadt. Uns ist klar, wir können das Problem Lojewski nicht alleine lösen.

Soll die Wahl angefochten werden?

Wir werden natürlich mit Hilfe von Juristen prüfen lassen, ob das Wahlverfahren in Ordnung war. Das Ergebnis hat uns sehr überrascht. Heute morgen sind hier alle mit blassen Gesichtern durch die Gänge gelaufen und haben gesagt: Das kann doch nicht wahr sein. Genauere Strategien müssen wir aber noch ausarbeiten. Unsere Einflußmöglichkeiten als Redakteursausschuß sind außerdem begrenzt. Wir haben ja vor der Wahl dem Rundfunkrat zweimal angeboten, bei der Findung eines neuen Intendanten mitzuhelfen. Darauf ist nicht eingegangen worden.

Von außen betrachtet, hat man dennoch den Eindruck, die Rechten, die Konservativen haben gewirbelt, die Linke hat geschlafen und ist jetzt mit Schrecken aufgewacht.

Ich weiß nicht, wen Sie hier mit Linke meinen? Wenn Sie damit meinen, die SPD hat geschlafen, dann ist das sicher richtig. Ich glaube aber, eine Vergangenheitsbewältigung nach dem Motto „Wer ist schuld an dem Desaster“ bringt uns nicht weiter. Das Kind ist nun in den Brunnen gefallen. Das ist keine Frage von Rechts-Links, sondern von mangelnder Qualifikation. Der neue Intendant hat in München bewiesen, daß er nicht einmal eine Redaktion von zehn Leuten führen kann. Der soll jetzt ein Haus von 1.400 Mitarbeitern führen. Wir halten gerade das für ein absolutes Ding der Unmöglichkeit.

Für wie kompetent halten Sie denn die Arbeit des Rundfunkrates in der Intendantenfrage?

Der Rundfunkrat hat erneut gezeigt, daß er schlichtweg nicht kompetent ist, die Entscheidungen für den SFB in verantwortlicher und vernünftiger Weise zu treffen. Nach Herrmann und Loewe ist das die dritte katastrophale Personalentscheidung, die der Rundfunkrat gefällt hat. Wir haben den Eindruck, daß viele Rundfunkratsmitglieder überhaupt nicht wußten, was sie taten. Dabei spielt auch eine Rolle, daß bei einigen die Wahl für Lojewski als Gegenreaktion auf das Wahlergebnis vom Januar zu verstehen ist.

Wie soll es jetzt weitergehen, was wäre die Perspektive der SFB-Mitarbeiter?

Zunächst richtet sich das Augenmerk der Mitarbeiter nicht darauf, Visionen zu produzieren, sondern mit der neuen Situation umzugehen. Es muß eine andere Zusammensetzung des Rundfunkrates gefunden werden, damit er willens und in der Lage ist, parteiunabhängig zu arbeiten. Auch an der bisherigen Intendantenverfassung muß einiges geändert werden. So wie jetzt geht es jedenfalls nicht weiter!

Interview: bim