„Flügelmann aus der bayerischen Tiefebene“

■ Stellungnahmen zur Wahl des neuen SFB-Intendanten / Die SPD ist gespalten: Von „fairer Chance“ bis zur Ankündigung einer Änderung des Mediengesetzes

Das Desaster war zwar unvorhergesehen, aber es wäre nicht unvermeidbar gewesen. Darin waren sich gestern die SFB -MitarbeiterInnen auf einer spontanen Protestversammlung gegen den neuen SFB-Intendanten Günther von Lojewski weitgehend einig. Auch wer die Mitschuld an dem Debakel trägt, lag für die meisten auf der Hand. Die SPD habe es versäumt, rechtzeitig und öffentlich nachvollziehbare personalpolitische Alternativen zu präsentieren, hieß es allenthalben. Die so beschuldigte Regierungspartei konnte sich gestern nicht recht darauf verständigen, was sie von der Wahl des Intendanten zu halten habe und wie sie damit öffentlich umgehen solle. Jedenfalls bezogen erst einmal alle Sozialdemokraten, die sich dazu berufen fühlten, Stellung, allerdings mit sehr unterschiedlichem Zungenschlag. Walter Momper, ganz Staatsmann und Regierender Bürgermeister, gratulierte dem neuen SFB-Chef von Washington aus und erklärte, daß er sich nicht einmischen wolle. Kultursenatorin Anke Martiny machte aus ihrer Abneigung gegen Lojewski keinen Hehl. Durchgesetzt habe sich ein „in seinen Perspektiven bis ins Doktrinäre verengter Journalist“. Sie kündigte an, daß in einem neuen Landesmediengesetz dafür Vorsorge getroffen werden sollte, „daß der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Berlin dem Zugriff von Staat und Parteien entzogen wird“.

Ganz anders liest sich, was der SPD-Fraktionsvorsitzende Ditmar Staffelt zu Papier gab. Er sicherte von Lojewski eine „faire Chance in seinem neuen Amt“ zu und will erst einmal abwarten, wie sich der neue Mann so entwickelt. Und Detlef Prinz, seines Zeichens medienpolitischer Sprecher der Partei und nun gescheiterter Königsmacher des Kandidaten Dieter Huhn (SPD), erklärte sich noch eine Nuance anders. Ihm sei ein Stück Glauben an Unabhängigkeit und Liberalität angesichts der Entscheidung des Rundfunkrats verlorengegangen. Die Entscheidung müsse aber respektiert werden. Er pries noch einmal die Vorteile seines unterlegenen Wunschkandidaten: Sachkenntnis habe der Mann, habe sich stets konsensfähig gezeigt und sogar angeboten, zu einem Direktorengehalt zu arbeiten. Ein anderes SPD -Mitglied, Michael Pagels, DGB-Vorsitzender und Mitglied im Rundfunkrat, kritisierte die eigene Partei, die sich einfach nicht um die Intendantenwahl gekümmert habe.

Die andere Regierungspartei kommentierte die Wahl eher gemäßigt. Die AL erinnerte daran, daß der Intendant schon einmal eine „Saure Gurke“ von Medienfrauen wegen seiner frauenfeindlichen Haltung überreicht wurde. Sie erwarte nicht, daß der neue Intendant sich lange halte, so daß ein „weiterer hochdotierter Pensionär den SFB-Haushalt unnötig belasten werde.

Die CDU sieht das natürlich ganz anders. Es handele sich schließlich um die Entscheidung eines demokratisch -legitimierten Selbstverwaltungsorgans und das habe man zu respektieren, meinte der CDU-Fraktionsvorsitzende Eberhard Diepgen und forderte Momper auf, die Äußerungen der Senatorin zu rügen. Rundfunkratsmitglied Klaus-Rüdiger Landowsky (CDU) äußerte sich gegenüber der taz lobend über die Qualitäten des Journalisten aus Bayern. „Herr von Lojewski, ein liberal-konservativer, unbestrittener Rundfunkfachmann, ist im ersten Wahlgang mit 17 zu 11 Stimmen gewählt worden.“ Er habe Kooperationswillen und Integrationswillen zum Ausdruck gebracht. Daß er es beim BR nicht zum stellvertretenden Chefredakteur gebracht habe, spreche eher für ihn. Das zeige nämlich, daß er nicht auf der festgefahrenen Linie der Mehrheit des bayerischen Rundfunkrats gelegen habe. „Für Berlin zeichnet ihn das eher aus, weil es ein Stück mehr Liberalität bei ihm ist.“

Die IG-Medien im SFB und der Redakteursausschuß bezeichneten ihren neuen Chef als einen „rechten Flügelmann aus der bayerischen Tiefebene ..., der Journalismus als Instrument der Gegenreformation begreift“.

RiHe

(Siehe auch Tagesthema Seite 3)