Managuas Wahlgesetz fördert Zwergparteien

■ Neues Wahlgesetz garantiert gleiche Rechte für alle zugelassenen Parteien / Keine Fünf-Prozent-Klausel / Parteiengründungsfieber in Nicaragua für die Wahlen am 25. 2. 1990 / Auch der nächste Präsident wird Ortega heißen / Neues Mediengesetz verbietet Zensur

Aus Managua Michael Rediske

Wenn die nicaraguanische Opposition bei den Wahlen im nächsten Jahr scheitert, dann muß sie das ihrer eigenen Unfähigkeit zuschreiben, Alternativen anzubieten und sich untereinander zu einigen. Denn das neue Wahlgesetz bietet ihr Bedingungen, von denen kleine Parteien in Europa nur träumen können. Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen werden jetzt schon am 25.Februar nächsten Jahres stattfinden. So beschloß es die Nationalversammlung in Managua am Dienstag. Die Vorverlegung von November hat Staatspräsident Ortega den vier anderen Staatsoberhäuptern Zentralamerikas bereits auf einer gemeinsamen Konferenz versprochen und damit eine alte Forderung der Oppositionsparteien in Nicaragua erfüllt, die die Sandinisten lieber heute als morgen von der Macht verdrängen wollen.

Doch mittlerweile sind die „vierzehn Parteien“ - ein Zweckbündnis von links bis rechts - sich ihrer Sache gar nicht mehr so sicher. Über die Regierung schimpft zwar fast jeder und jede: ob wegen der rapide gefallenen Reallöhne, der leidigen Bürokratie oder der Korruption. Doch während die Sandinisten zusammenhalten und wohl Daniel Ortega ein zweites Mal ins Rennen schicken (1984 bekam er 66 Prozent), ist die Opposition zerstritten wie eh und je. Anwärter auf die Präsidentschaft gibt es im Dutzend billiger. Der Mini -Parteien kleinster gemeinsamer Nenner ist zugleich auch der kleinstmögliche: ihre Gegnerschaft zu den Sandinisten.

Zwei Tage lang wurde im Parlament über das Wahlgesetz debattiert. Aus recht durchsichtigen Gründen forderte die Opposition (erfolglos), daß die Soldaten des sandinistischen Volksheeres von der Wahl ausgeschlossen bleiben und dafür alle exilierten Nicaraguaner im Ausland wählen dürfen. Und eine geschlagene Stunde stritten die vom Spaltpilz befallenen Oppositionsparteien darüber, wie denn nun verhindert werden könne, daß im Wahlkampf zwei (oder drei) Parteien das gleiche angestammte Kürzel verwenden und mit demselben Emblem werben. Denn drei neue Fraktionen auf der rechten Seite des politischen Spektrums haben ihre Anerkennung als Partei beantragt: eine konservative, eine liberale und eine christlichsoziale. Auch die Kommunisten, die in der „Gruppe der Vierzehn“ mit der Rechtsopposition verbündet sind, haben sich vom Gründungsfieber packen lassen. Im neuen Wahlgesetz wird festgeschrieben, daß allen Parteien in den Medien gleich viel Sendezeit für Wahlpropaganda zusteht. 50 % der Wahlkampffinanzierung regnen per Gießkanne auf alle Parteien zu gleichen Teilen herab. Und eine Fünf-Prozent-Klausel, die gibt es schon gar nicht.

Nur als die Opposition beantragte, daß der Präsident mit absoluter, statt wie bisher mit relativer Mehrheit gewählt wird, blieb die sandinistische Mehrheit hart. Auch die Wiederwahl des Präsidenten wollte sie sich nicht verbieten lassen. So wurde der Entwurf auch nur mit 63 von 96 Stimmen angenommen (die FSLN hat allein 61 Abgeordnete). So kann sich Daniel Ortega auf eine zweite Amtsperiode einstellen.

Wenn Ende der Woche der Entwurf eines Mediengesetzes verabschiedet wird, der jegliche Zensur verbietet, dann hat Ortega nicht nur seine Verpflichtung gegenüber den anderen Präsidenten der Region zum Stichtag 25.April erfüllt. Er hat auch etwas zum Vorzeigen, wenn er ab nächster Woche durch Westeuropa tourt, um mindestens 250-Millionen-Dollar -Kreditzusagen (die Vorgabe seines Zentralbankchefs) einzusammeln. In Bonn wird er am 8. und 9.Mai zu Gast sein. Dort wird man sich neue Ausreden einfallen lassen müssen, will man ihm die Wiederaufnahme der 1982 eingestellten Entwicklungshilfe immer noch verweigern.

Wir raten Ortega, sich an die Konrad Adenauer-Stiftung zu wenden. Dort ist der geregelte Mittelabschluß nämlich nicht mehr sichergestellt, seit sich der bisherige Zuwendungsempfänger in Nicaragua, die Christlichsoziale Partei, gleich in drei Gruppen gespalten hat.