Auf Demos nicht verzichten

Umweltsenatorin Schreyer war mit dem Regierenden Bürgermeister zum Antrittsbesuch bei Bush in Washington / Wenn Bush kommt, demonstriert auch die AL  ■ I N T E R V I E W

taz: Frau Schreyer, wie reagieren die Amerikaner auf Rot -Grün in Berlin?

Michaele Schreyer: Es gab ein großes Interesse daran, was wir konkret machen und planen. Ich kann wirklich sagen, daß keine Voreingenommenheit da war. Ich hatte den Eindruck, daß die Amerikaner davon ausgehen, daß es zukünftig mehr rot -grüne Landesregierungen geben wird und Rot-Grün auch im Hinblick auf die Bundestagswahl von Bedeutung ist.

Wenn das so ist, war es dann nicht ein politischer Affront, daß Präsident Bush Sie nicht empfangen hat.

Nein. Gut - es hätte der Realität mehr entsprochen, wenn Herr Momper und ich hätten gemeinsam hingehen können, um quasi zu personifizieren, daß es ein rot-grüner Senat ist. Ich schätze Herrn Bush aber nicht so ein, daß er Berührungsängste hätte, einer grünen Senatorin zu begegnen.

Gab es denn von seiten der Amerikaner Bereitschaft über die AL-Forderung nach einer Neugestaltung des Status der Stadt zu sprechen?

Was wir sehr intensiv diskutiert und vorgetragen haben, ist das Zusammenleben der Alliierten mit der Berliner Bevölkerung. Eines meiner Hauptanliegen war es, die Umweltschutzprobleme, Manöverschäden, Lärmbelästigung durch Schießübungen usw. anzusprechen.

Gibt es denn von seiten der Amerikaner Hinweise, daß man beispielsweise über die Präsenz der Truppen reden könne?

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt lassen die Amerikaner nicht mit sich darüber reden, zumindest nicht bei einem solchen Antrittsbesuch. Das Thema hängt ja unmittelbar zusammen mit der Vorstellung über die Verteidigung Berlins und Europas, die man hat. Ich gehe deshalb nicht davon aus, daß die Amerikaner dies zum Gegenstand bilateraler Gespräche machen werden.

Der Regierende Bürgermeister hat den amerkanischen Präsidenten zu einem Besuch nach Berlin eingeladen möglichst bald. Die AL hatte gehofft, daß diese Belastungsprobe noch eine Weile auf sich warten lassen würde.

Der Zeitpunkt steht ja noch nicht fest. Für die AL ist klar und selbstverständlich, daß die Teilhabe an der Regierung nicht bedeutet, daß sie auf demokratische Rechte, wie sie Demonstrationen darstellen, verzichten wird. Das heißt'die AL wird nicht darauf verzichten, für eine bessere Abrüstungspolitik zu demonstrieren und ihr friedenspolitisches Anliegen zum Ausdruck zu bringen, just wenn der Mann in der Stadt ist, der dafür mit der Entscheidende ist.

Interview: Brigitte Fehrle