Noch keine Lebensader für den Sudan

Unicef-Hilfsaktion läuft noch nicht auf vollen Touren / Andere Hilfsorganisationen sind verärgert über die Show der Vereinten Nationen / Der Bürgerkrieg geht weiter  ■  Aus Nairobi Chr.Wichterich

Audrey Hepburn, Unicef-Sonderbotschafterin, jettet von Pressekonferenz zu Pressekonferenz, um mit tränenerstickter Stimme von den notleidenden Kindern im Südsudan zu berichten. James Grant und andere Unicef-Offizielle versichern täglich aufs neue, daß die „Operation Lebensader Südsudan“ nun aber wirklich voll durchstartet, um eine Hungerkatastrophe zu verhindern. Zwei Drittel des „Monats der Ruhe“ im bürgerkriegsgeplagten Südsudan sind jedoch bereits verstrichen und die Mammutaktion, bei der 120.000 Tonne Hilfsgüter verteilt werden sollten, kommt nicht aus den Startlöchern.

Ohne die nichtstaatlichen Organisationen, die den Südsudan seit vergangenem Herbst von Karthoum und Nairobi aus versorgen, ohne ihre Kontakte, Erfahrungen und eingespielte Verteilungswege sind die UN-Helfer hilflos. So flaggte Unicef-Chef Grant am 3.April in Nairobi 24 35-Tonner pressewirksam ab. Doch die schweren Brummis sind ungeeignet für die miserablen südsudanesischen Straßen. Folglich muß die Fracht vor der Grenze auf kleinere Laster umgeladen werden. Doch weder diese, noch Fahrer, die den Horrortrip durch Wadis bei ständiger Minen- und Banditengefahr antreten wollen, stehen ausreichend zur Verfügung. So versuchten dann UN-Mitarbeiter, nichtstaatlichen Organisationen (NRO) wie der „Norwegian People's Aid“ ihre Laster und Fahrer abzuschwatzen, und überlegen gleichzeitig, wie sie Flugzeuge auftreiben können. Weder die Züge, die von Karthum in den Süden, noch die Schlepper, die den Weißen Nil mit Hilfslieferungen herunterfahren sollen, sind bisher gestartet.

„Jimmy-Grant-Show“, „Hau-Ruck-Methode“, witzeln und schimpfen die NROs in Nairobi. Sie klagen, daß der spektakuläre Spenden- und Presserummel der Vereinten Nationen ihre Finanzquellen austrocknet: Regierungen und Privatleute überweisen jetzt an Unicef.

Unterdessen geht der Krieg weiter. Die sudanesische Befreiungsarmee SPLA nahm am Montag überraschend die Garnisonsstadt Bor ein und kündigte den Sturm der nächsten von der Armee gehaltenen Stadt für die kommenden Tage an. Wenn sich die beiden Bürgerkriegsseiten auch nicht an einen „Monat der Ruhe“ halten, so doch an die zugesicherten „Korridore der Ruhe“ für die Rettungstransporte. Banditen kennen dagegen offenbar kein Pardon, sie zerschossen am Dienstag einen der wenigen US-Konvois, der bisher von Kenia aus unter SPLA-Eskorte in den Südsudan durchgekommen ist. Dabei kamen acht SPLA-Kämpfer ums Leben. Nun üben sich die UN bereits in Bescheidenheit: nur noch 40.000 Tonnen wollen sie in den kommenden Wochen in den Südsudan schaffen. Seit Dienstag sind für fünf Tage ohnehin schon die Lieferungen ausgesetzt, weil die UN-Truppen es ablehnten, Züge unter Armeebegleitung zu starten. Die SPLA hatte angekündigt, Militärbegleitung der Züge nicht zu akzeptieren, weil die Regierung damit Waffen in ihre belagerten Garnisonen schaffen wolle.