Walesa und die Heilige Kommunion

Walesa in Rom: Sie küßten und sie herzten ihn / Mit dem Papst durfte er sogar essen  ■  Aus Rom Werner Raith

Lech Walesa in Rom: Wir mögen ihn ja alle gerne, den verschmitzt und dann doch wieder staatsmännisch dreinguckenden Solidarnosc-Mann, Proletarier und guter Katholik dazu, der - kaum angekommen - schon in die Marienkirche in Trastevere eilt, um die Heilige Kommunion in Empfang zu nehmen, und der seine Gewerkschaft vom Papst regelrecht segnen (nicht nur absegnen) läßt.

Doch auch auf die Gefahr, uns unbeliebt zu machen: Es kommt einem, gelinde gesagt, auch jenseits der Jubelsprüche Walesas über seine plötzlich ganz, ganz tolle Regierung einiges hoch, wenn man den römischen Trubel um ihn herum begleiten muß. Selbst altgedienten Chronisten ist kein Oppositionspolitiker bekannt, der jemals einen so großen Bahnhof (besser: Flugsteig) bekommen hat.

Ob es die oft sogar körperlich zerschlagenen Widerständler aus Chile oder Südafrika waren, ins Exil gejagte Iraner oder Angehörige durch Genozid fast ausgelöschter Völker, ob Arafat oder Dubcek oder Sacharow: Nie haben sich Staats- und Regierungschef, Senats- und Kammerpräsident, Außenminister und sämtliche Parteivorsitzenden sowie alle Gewerkschaftsbosse gleichermaßen zum Bruderkuß bereitgefunden; daß der Papst Oppositionelle sowieso nur dann empfängt, wenn sie seiner Jungfrau Maria dienen, ist bekannt. Doch auch dann hat er noch nie mit einem zu Mittag gespeist.

Vielleicht spielt bei den Italienern ein wenig schlechtes Gewissen mit. 1981, als Walesa noch vor Verhängung des Kriegsrechts schon einmal in Rom war, wußte - außer dem Papst - noch niemand so genau, was man mit dem frommen Arbeitsmann anfangen sollte: Selbst der PCI, heute zum einhelligen Walesa-Fanklub gemausert, war damals noch nicht auf dem „neuen Weg“.

Da wollen wir aber doch noch wenigstens etwas zurechtrücken: So zum Beispiel, daß der Solidarnosc-Chef sich seit seinem ersten Besuch beim Papst willfährig zur Entschärfung seiner Gewerkschaft hat benutzen lassen; daß den Kopf für die Arbeiter nicht er hingehalten hat, sondern andere - und daß seine gewerkschaftsinterne Position vor allem den 40 Millionen Dollar zu verdanken ist, die der Vatikan seiner „Strömung“ als „Aufbauhilfe“ zugeleitet hat.

Und dieses Geld stammte nach den unwidersprochenen Angaben des Vizepräsidenten des pleitegegangenen Banco Ambrosiano just aus diesem damals vatikanverfilzten Geldinstitut - und dessen Kontrolle hatte ausschließlich die rechtslastige kriminelle GeheImloge „Propaganda 2“.