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Türkei: Fundamentalisten unter Druck

Gegen einen islamisch-fundamentalistischen Bürgermeister soll ein Exempel statuiert werden Weitet sich die Kampagne gegen fundamentalistische Funktionsträger aus?  ■  Aus Istanbul Ömer Erzeren

Der am Sonntag verhaftete Bürgermeister der südöstlichen Provinzhauptstadt Urfa, Halil Celik, wird weiterhin in der berüchtigten Verhörzentrale der politischen Polizei im Polizeipräsidium von Ankara festgehalten. Der Staatsanwalt beim Staatssicherheitsgericht Ankara, Ülkü Coskun, der die Festnahme anordnete, ermittelt wegen Verstoß gegen den Paragraphen 163 des türkischen Strafgesetzbuches. Antilaizistische Bestrebungen zur Errichtung eines theokratischen Staates können mit Gefängnisstrafen bis zu 15 Jahren geahndet werden.

Celik, Mitglied der islamisch-fundamentalistischen „Wohlfahrtspartei“, ist seit über fünf Jahren Bürgermeister in Urfa und wurde jüngst bei den Kommunalwahlen im März dieses Jahres wiedergewählt. Grund für die Verhaftung ist ein Gespräch Celiks mit Journalisten im Vorfeld einer Arbeitsbesprechung, zu der die „Wohlfahrtspartei“ ihre neugewählten Bürgermeister nach Ankara eingeladen hatte. „Ich bin kein Anhänger Atatürks, ich bin kein Laizist. Ich bin Moslem, wie die anderen Türken auch“, hatte Celik während des Gesprächs gesagt. Nachdem Zeitungen die kurzen Sätze Celiks zitiert hatten, wurde er am Tag darauf in seinem Hotel verhaftet. Auch führende Mitglieder der Regierung Özal reihten sich in die von den großen bürgerlichen Blättern begonnene Kampagne gegen Celik ein. „Wir werden den am Kragen packen“, erklärte Innenminister Abdülkadir Aksu, der eine Amtsenthebung Celiks anordnen kann.

Das Ermittlungsverfahren entbehrt nicht absurder Züge. 287 Bücher wurden in der heimatlichen Wohnung Celiks beschlagnahmt und nach Ankara gebracht. Ein verbotenes Buch soll dabei sein. „Wir haben ernsthafte Hinweise auf anti -laizistische Bestrebungen“, erklärte Staatsanwalt Ülkü Coskun, der Zeitungsausschnitte mit Interviews des Bürgermeisters und polizeiliche Tonbandmitschnitte sammelt. Neun Journalisten, die die „verbrecherischen Worte“ mit anhörten, sind von der Staatsanwaltschaft vernommen worden. Auch andere Bürgermeister der „Wohlfahrtspartei“ mußten vor dem Staatsanwalt aussagen und gegen den neugewählten islamisch-fundamentalistischen Bürgermeister von Konya wird ebenfalls ermittelt. Er hatte eine Initiative für Frauenbusse und Frauenkrankenhäuser gestartet. Prominente Mitglieder der Sozialdemokraten, die „in aller Abstraktion“ für das Recht auf freie Meinungsäußerung eintreten, hüllen sich in Schweigen. Mitglieder des linksgerichteten „Vereins für Menschenrechte“, erklärte Gegner der politischen Positionen der Fundamentalisten, mißbilligten dagegen ausdrücklich die Festnahme Celiks.

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