Rössners Haftfähigkeit bestritten

Bundesanwaltschaft soll die Gutachten zur Haftfähigkeit des RAF-Gefangenen falsch wiedergegeben haben / Anwalt beruft sich auf die Gutachter / Danach soll Bernd Rössner „regelvollzugsuntauglich“ sein / Gutachter geben weder Stellungnahme noch Dementi ab  ■  Von Wolfgang Gast

Berlin (taz) - Die Erklärung der Bundesanwaltschaft, die in der vergangenen Woche den RAF-Gefangenen Bernd Rössner „haftfähig“ genannt hat, soll auf einer „klaren Verfälschung der Ergebnisse“ der zugrundegelegten Kurzgutachten erfolgt sein. Rössners Anwalt, Peter Tode, erklärte gegenüber der taz, im Gegenssatz zu der von der Bundesanwaltschaft verbreiteten Stellungnahme seien die drei Gutachter zu dem Schluß gekommen, daß Rössner „regelvollzugsuntauglich“ sei. Der Anwalt beruft sich auf Gespräche, die er mit zwei der drei Gutachter geführt habe. Die Gutachter hätten ihm weiter erklärt, die „psychische Symptomatik“ des seit 14 Jahren Inhaftierten lasse „sich unter anderem auf die jahrelangen Isolationsbedingungen zurückführen“. Das Krankheitsbild Rössners, der nach einem Überfall auf die deutsche Botschaft 1975 in Stockholm zu einer lebenslangen Strafe verurteilt wurde, lasse sich auch „nicht in eine der Schubladen psychiatrischer Begutachtung“ pressen. Eine genaue Diagnostik und Prognostik könne aufgrund der „ambulanten Exploration“ - der Untersuchung in der Haftanstalt - nicht erstellt werden. Es ließen sich daher keine genaueren Aussagen über die notwendigen therapeutischen Maßnahmen machen. Eine medikamentöse Behandlung soll aber nicht in Betracht kommen.

Von der Bundesanwaltschaft war gestern keine Stellungnahme zu erhalten. Aus dem Haus des Generalbundesanwalts heißt es: „In Sachen Hungerstreik will sich die Bundesanwaltschaft zur Zeit nicht äußern“.

Die Gutachter selbst stehen unter Schweigepflicht. Ihre Namen sind bislang von der Bundesanwaltschaft auch nicht bekanntgegeben worden. Sie können und wollen zu den Ausführungen Todes keine Stellung beziehen. Daß Bernd Rössner, dessen Haftentlassung im laufenden Hungerstreik von den RAF-Gefangenen gefordert wird, „regelvollzugsuntauglich“ ist, wollen sie allerdings auch nicht dementieren. Ein abschließendes Gutachten der drei Psychiater soll in der kommenden Woche fertiggestellt werden. Ende letzter Woche hatten sie lediglich ein eineinhalbseitiges Kurzgutachten abgegeben.

Eine Rehabilitation könne für Rössner „nur außerhalb der Gefängnismauer, auch außerhalb eines Vollzugskrankenhauses“ erfolgen. Und eine erfolgreiche Behandlungstherapie, so Anwalt Peter Tode, dürfe den Genesenden auch in keiner Weise an die Ursachen, das heißt seine jetzigen Haftbedingungen, erinnern.

Rechtsanwalt Tode könnte sich eine Verlegung des schwererkrankten Rössners, der zur Zeit in Straubing inhaftiert ist, in das renommierte Stockholmer „Internationale Rehabilitations- und Forschungszentrum für Folteropfer“ vorstellen. Nach jahrelanger Isolationshaft sind für Tode Rössners psychische Schädigungen durchaus mit denen anderer Folteropfer vergleichbar.