König Hussein mußte umkehren

■ Jordaniens Herrscher brach Auslandsreise ab / „Präventive“ Festnahmen von Kommunisten während der fünftägigen Unruhen / Berufsverbände fordern Rücktritt der Regierung

Amman (wps/ap)- Der jordanische König Hussein hat seine US -Reise abgebrochen und ist angesichts der Proteste gegen Preiserhöhungen nach Amman zurückgekehrt. Nach fünftägigen Demonstrationen und Straßenschlachten steht der Haschemitenherrscher unter erheblichem Druck, einschneidende Maßnahmen zu ergreifen. Dazu zählen der Rücktritt der Regierung unter dem Ministerpräsidenten Said al Rifai, Hauptforderung der Demonstranten, und eine Aufschiebung wirtschaftlicher Reformen.

Kronprinz Hassan, der in der Abwesenheit seines Bruders die Amtsgeschäfte führte, erklärte am Samstag, die Lage im Lande sei ruhig. Demgegenüber berichteten Augenzeugen aus der Stadt Salt, 20 Kilometer von Amman entfernt, es habe auch an diesem Tag wieder Demonstrationen gegeben. Am Freitag hatten die Behörden eine begrenzte Ausgangssperre über Salt verhängt, nachdem es zu wütenden Protesten gegen die Preiserhöhungen zwischen 15 und 50 Prozent gekommen war. Die Ausgangssperre wurde am Sonntag für eine Stunde aufgehoben. Hassan bezifferte die Zahl der Opfer auf acht Tote und über hundert Verletzte. Nach offiziellen Angaben sind die Proteste spontan ausgebrochen, dann hätten Kommunisten und islamische Fundamentalisten versucht, den Unmut der Bevölkerung auszubeuten. Die jordanischen Behörden bestätigten am Samstag, daß über 60 Mitglieder der verbotenen kommunistischen Partei in Amman, Mabda und Irbid im Rahmen einer „Präventivmaßnahme“ festgenommen worden seien.

In einem für jordanische Verhältnisse überraschend offenen Schreiben an den Kronprinz riefen die Vorsitzenden der Berufsverbände dazu auf, die Truppen aus den Provinzstädten und Dörfern abziehen zu lassen, um ein weiteres Blutvergießen zu vermeiden. Eine „Atmosphäre des Dialogs“ solle geschaffen werden, damit die Bevölkerung gegen die Ungerechtigkeit einer Regierung protestieren könne, die sie schon lange hatte loswerden wollen. „Der hohe Preis, der mit dem Verlust von Regierungseigentum von der Nation gezahlt wird, ist das Ergebnis des Scheiterns, das Problem im Vorfeld an seinen Wurzeln zu packen“, hieß es in dem Schreiben der Berufsverbände, die 40.000 Personen repräsentierten, u.a. Ingenieure, Ärzte, Apotheker, und Rechtsanwälte. Einzig der Unternehmerverband schloß sich dem Gesuch nicht an. Die Unterzeichner vermieden genau wie die Demonstranten sorgfältig, den König selbst zu kritisieren. Falls die Regierung unter Ministerpräsident Rifai im Amt bleibt, könnte es unter Umständen jedoch nur eine Frage der Zeit sein, bis auch diese Schwelle überschritten wird.