Zwist statt Demo

■ Zum grünen Streit über eine Teilnahme an der Hungerstreik-Demo

Wer sich einbildete, nach dem letzten Parteitag der Grünen in Duisburg sei die Zeit der Flügelkämpfe vorbei, lag falsch. Richtig ist vielmehr: Es fehlte nur am Stichwort, um die verstaubte Inszenierung wieder auf den Spielplan zu heben. Jedes Parteigremium hat eine andere Position, und für alle findet sich etwas im grünen Gemischtwarenladen. Die Realos waren von Anfang an gegen die Demo, die Dialog -Vertreter begrenzen sich auf humanitäre Haftbedingungen, der Radikalökologe Manfred Zieran nutzt seine Chance im Bundeshauptausschuß, das „Undogmatische Linke Forum“ versucht zu vermitteln, und der „Ebermann-Flügel“ setzt die Linken innerhalb der Partei unter Legitimationsdruck.

Um die Hungerstreik-Demonstration geht es inzwischen bei all dem gar nicht mehr; die Partei hat sich statt dessen wieder selbst zum Problemfall gemacht. Nach der erstaunlich glatt bewältigten Diskussion über die rot-grünen Bündnisse in Berlin und Frankfurt wirkt es fast antiquiert, wenn nun wieder die Zweifel an der Fähigkeit zum politischen Management wachsen und die zerstörerische Wirkung der Sonderinteressen aktuell wird.

Nur das alte Fundi-Realo-Schema stimmt nicht mehr. Jetzt steht im Mittelpunkt des Streits Antje Vollmer, die doch noch vor einem halben Jahr mit der „Aufbruch„-Initiative erfolgreich zwischen den festgefahrenen Blöcken agierte. Dagegen sind die direkten Kämpfe der Flügelexponenten nebensächlich geworden.

Die Gelegenheit zu einer gemeinsamen Entschließung, die der Partei Gewicht gegeben hätte in ihrem Bemühen um eine Zusammenlegung der hungerstreikenden Gefangenen, wird damit verschenkt. Auch für die Mobilisierung der grünen Mitglieder zur Demonstration ist das in keinem Fall hilfreich. Es steht statt dessen zu erwarten, daß viele Grüne angesichts der heillosen Zerstrittenheit in der Parteispitze es vorziehen, der Demonstration am Samstag fernzubleiben.

Gerd Nowakowski