Sankt Florian wohnt in Rudow

■ Rudower Bürger protestieren gegen ein Schuldorf, das ihnen die Schüler der asbstverseuchten Clay-Oberschule als neue Nachbarn beschert / Einstweilige Änderung soll Baustopp bringen / Schüler sammelten Unterschriften für den geplanten Standort des Schulhofes

Daß der Bau von provisorischen Schuldörfern als Ersatz für asbestverseuchte Schulen nicht nur zur Freude gereicht, das mußte in den vergangenen Wochen die Neuköllner Bauverwaltung zur Kenntnis nehmen. Ein Schuldorf, das den betroffenen Lehrern und Schülern der asbestgeschädigten Clay-Oberschule eine Übergangsbehausung schaffen soll, hat sich als Streitfall zwischen Anwohnern des Rudower Grundstücks Buchbinder-/Bildhauerweg und dem Bezirksamt entpuppt. Per einstweiliger Anordnung wollen dort die Bürger verhindern, daß ab dem kommenden Jahr 1.100 Schüler ihre Siedlung bevölkern.

Nach Meinung der Anwohner seien Alternativstandorte nicht ausreichend geprüft worden. Sie schlagen ein von der BVG verwaltetes Areal in der Britzer Gutschmidstraße vor. Baustadtrat Wolfgang Branoner ist empört: „Wir haben insgesamt acht Standorte für das Schuldorf geprüft.“ Kein anderer habe den Ansprüchen genügt. Auch die Lösung Gutschmidstraße komme nicht in Betracht, weil die BVG dort demnächst eine Bahnmeisterei bauen wolle. So oder so sei aber das Gelände am Buchbinderweg im Flächennutzungsplan als Wohnfläche ausgezeichnet. „Da wird in jedem Fall gebaut“, erklärte der Baustadtrat. Die Anwohner wollen dieses Argument jedoch nicht gelten lassen. Rechtsanwalt Wolfgang Siederer, der die Betroffenen vertritt: „Es ist ja wohl ein Unterschied, ob da Einfamilienhäuser entstehen oder eine ganze Schule untergebracht wird.“

Der Alternativstandort auf dem BVG-Gelände hingegen, so erklärte Siederer die Ansicht seiner Klienten, sei groß genug für BVG und Schuldorf zusammen. Dazu der BVG -Bauabteilungsleiter Ristau auf taz-Anfrage: „Wir brauchen das ganze Gelände, schließlich sind da jede Menge Schienen zu verlegen“. Durch das Nahverkehrskonzept des neuen Senats müsse mit den Bauarbeiten für die Bahnmeisterei so schnell wie möglich begonnen werden.

Ein Schuldorf am Buchbinder-/Bildhauerweg wollen auf jeden Fall die Schüler der Clay-Oberschule, die seit Januar an acht verschiedenen Standorten ihren Untericht ertragen müssen. Unter dem Motto „Schüler kämpfen für ihre Schule“ sammelten die Siebenklässler gestern während eines Wandertages Unterschriften und protestierten damit gegen das Aufbegehren der dortigen Anwohner.

Drei bis fünf Jahre, schätzt Baustadtrat Branoner, werde es dauern, bis die Schüler der Clay-Oberschule wieder in ihre alten Gebäude einziehen könnten. Mit dem Bau des Schuldorfes müsse Anfang Mai begonnen werden. „Einen Baustopp der Anwohner wegen wird es jedenfalls nicht geben“, erklärte der Baustadtrat gegenüber der taz.

cb