Der Sekretär wußte mehr

■ Takeshitas Sekretär beging Selbstmord / Er verwaltete jahrelang loyal dessen Finanzen, auch Recruit-Gelder

Tokio (afp/taz) - Am Tag nach Takeshitas symbolischem Aderlaß für die regierende Liberaldemokratische Partei bewies sein langjähriger Privatsekretär Ihei Aoki einmal mehr Loyalität und japanischen Ehrsinn. Ihei Aoki wurde von seiner Frau am Mittwoch morgen mit aufgeschnittenen Pulsadern erhängt aufgefunden. Am Vortag hatte sein Dienstherr Takeshita den Rücktritt angekündigt und damit die politische Verantwortung für die Verwicklung weiter Teile der politischen Führungsschicht, nicht zuletzt seiner selbst, in die Recruit-Affäre übernommen. Dabei hatte Sekretär Aoki kräftig mitgemischt, indem er während des Wahlkampfs 1987 für Takeshita beträchtliche Schmiergelder des Unternehmens Recruit-Cosmos in Empfang nahm, die direkt in die Kassen der Liberaldemokratischen Partei (LDP) und möglicherweise auch auf die Privatkonten Takeshitas flossen.

Wie Takeshita hatten nahezu alle konservativen Politiker, die mit dem Skandal in Verbindung gebracht werden, ihre Sekretäre und andere treuergebene Mitarbeiter den Kopf hinhalten lassen. Sie wurden als die eigentlichen Schuldigen ins Rampenlicht gerückt, und die Berufsehre verbietet es ihnen, auch nur ein Sterbenswörtchen über die Rolle ihrer Vorgesetzten zu verlieren. Über 30 Jahre lang hatte Aoki für Takeshita gearbeitet und dessen Finanzen nahezu alleinverantwortlich verwaltet. In der Presse wurde die Rücktrittsankündigung Takeshitas als erster Schritt zur Wiederherstellung des Vertrauens gewertet. Der Selbstmord Aokis dürfte sich in dieses Interpretationsschema trefflich einreihen.

sl