Abkehr vom SPD-Angebot?

■ Rau: Es geht gar nicht um Zusammenlegung der Hungerstreikenden / Landtagsdebatte in Düsseldorf

Düsseldorf/Berlin (taz) - Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Johannes Rau (SPD) hat das Angebot der SPD -regierten Bundesländer zur Zusammenlegung von inhaftierten RAF-Mitgliedern in Vierer- oder Sechsergruppen eingeschränkt. In einer von der CDU-Opposition initiierten Debatte über den RAF-Hungerstreik erklärte Rau am Mittwoch im Düsseldorfer Landtag, bei dem Vorschlag der sozialdemokratischen Bundesländer gehe es „nicht um Zusammenlegung, sondern um Zusammenführung“ von RAF -Häftlingen. In den zurückliegenden Gesprächen mit inhaftierten RAF-Mitgliedern sei es den Vertretern des Staates „nicht um Verhandlungen“ gegangen. Ziel des Dialogs mit den hungerstreikenden RAF-Häftlingen sei es lediglich gewesen, „ihnen ihre isolierte Position bewußt zu machen, weil sie den Bezug zur Realität verloren haben“.

Anschließend signalisierte der Düsseldorfer Regierungschef überraschend seine Unterstützung eines gemeinsamen Antrags aller drei Landtagsfraktionen zum RAF-Hungerstreik, der von der FDP eingebracht worden war. Wörtlich heißt es in dem Antrag, dessen Abstimmung bei Redaktionsschluß noch andauerte: „Eine Zusammenlegung terroristischer Gewalttäter, die durch eine solche Gruppenbildung einen Kampf gegen unsere Gesellschaft fortsetzen oder fördern wollen, ist indiskutabel. Es darf keine Zusammenlegung von terroristischen Tätern geben, bei denen ein Gruppendruck auf die Einsichtigen und zur Umkehr bereiten ausgeübt würde, durch den sie gehindert würden, auszusteigen.“

Bislang war von den Justizministern in den SPD-regierten Ländern als Voraussetzung für eine Zusammenlegung von inhaftierten RAF-Mitgliedern in Kleingruppen lediglich der Abbruch des seit nunmehr zwölf Wochen andauernden Hungerstreiks genannt worden. Unterdessen haben zahlreiche Prominente, vornehmlich aus Baden-Württemberg, die Stuttgarter Landesregierung aufgefordert, ihre starre Haltung im Konflikt um die Fortsetzung auf Seite 2

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Zusammenlegung von Gefangenen aus der RAF und anderen militanten Gruppen aufzugeben. An die Gefangenen appellieren die UnterzeichnerInnen des gestern in Stuttgart veröffentlichten Aufrufs, die Zusammenlegung in der von den SPD-regierten Ländern bisher angebotenen Gruppengröße von vier bis sechs Personen nicht länger abzulehnen. Die Gefahr, daß es zu Hungertoten in den Gefängnissen und zu einem neuen „Aufschwung des Terrors“ komme, sei mit der Unterbrechung des Hun

gerstreiks durch Christa Eckes und Karl-Heinz Dellwo keineswegs gebannt, heißt es in dem Aufruf.

Autor des Appells ist Carlchristian von Braunmühl, der Bruder des 1986 von einem RAF-Kommando ermordeten Diplomaten Gerold von Braunmühl. Der Aufruf trägt unter anderem die Unterschriften des Fraktionschefs der baden -württembergischen SPD-Landtagsfraktion, Dieter Spöri, der Sprecherin der Landtagsfraktion der Grünen, Biggi Bender, und des FDP-Politikers Hinrich Enderlein. Außerdem haben sich die Tübinger Professoren Walter Jens, Norbert Greinacher und Ernst Käsemann und der Verfassungsrichter Helmut Simon dem Appell angeschlossen, ebenso die Mehrheit der Oster-Apell-Gruppe.

Ministerpräsident Späth und Landesjustizminister Eyrich werden daran erinnert, daß ein Nachgeben des Staates mit dem geltenden Recht

durchaus vereinbar sei. Es verbiete sich, die Erinnerung an die Opfer für die Begründung einer unnachgiebigen Haltung des Staates in Anspruch zu nehmen. Die Gefangenen forderte von Braunmühl auf, die Zusammenlegung in kleineren Gruppen, in Verbindung mit der „jeweils zeitlich befristeten Gelegenheit zum Zusammenkommen auch in größeren Gruppen“ zu akzeptieren.

J.N./gero

Bonn (dpa) - Die für Samstag in Bonn geplante Demonstration für eine Zusammenlegung kann nun doch stattfinden allerdings außerhalb der Innenstadt. Der Polizeipräsident erteilte am Mittwoch - nach Einigung mit den Veranstaltern eine entsprechende Genehmigung. Es werde ein Demonstrationszug von der linksrheinischen Josefshöhe über die Kennedybrücke zu einer Abschlußkundgebung unterhalb der Brücke zugelassen.