Wutwelle - Gezeitenmüll

■ VHS angelt eine kreative Nische im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Offener Kanal auf Radio Bremen 3 für eine Stunde und Bremerhaven

„Wutwelle - Gezeitenmüll“ ist der Name eines langfristig angelegten Kulturprojekts, das die Bremerhavener Volkshochschule in den nächsten Wochen starten wird. Ausgestattet ist sie mit Geldern aus dem sog. „Kabelgroschen“, über dessen Verteilung zwischen Bremen und Bremerhaven ein Kuratorium bei Radio Bremen im letzten Sommer entschieden hatte. Aus dem Topf von 1,2 Millionen Mark wurde Bremerhaven - zunächst für 1989 - 300.000 Mark zugesprochen. Anfang April unterzeichneten Magistrat und Sender einen „Progammlieferungsvertrag“, der die Volkshochschule in diesem Jahr zur Lieferung von neun 60 -Minuten-Sendungen verpflichtet, die ab November jeden Sonnabend im dritten Hörfunkprogramm ausgestrahlt werden.

Das „Wutwellen„-Konzept der Volkshochschule war in Bremerhavens kleiner Kultur-Szene zunächst heiß umstritten. Die freien Kulturträger, die für ihre Veranstaltungen um jeden Hundert-Mark-Schein betteln müssen, fühlten sich übergangen, die Grünen witterten „Palermo-Methoden“ und selbst CDU-Parlamentarier konnten öffentlichkeitswirksam eine Lanze für „bürgernahe Kultur“ brechen, die sie bei den „kleinen, freien Kulturträgern“ besser aufgehoben sahen als bei der städtischen Volkshochschule.

Auf einer Pressekonferenz am Dienstag gab der VHS-Leiter Uwe Mögling deutlich zu verstehen, daß die „Wutwelle“ keine hausinterne Angelegenheit sei, sondern eine Einladung an alle Interessierten, daraus ein „Bürger-Projekt“ zu machen. Kulturdezernent Horst von Hassel hofft, die finanziell mangelhaft ausgestatteten freien Kulturinstitutionen auf diesem Weg stärken zu

können.

Ein Projektrat (aus den erwarteten Teilnehmern) und ein Beirat für die Schlichtung von Streitfällen („mit fünf unabhängigen, dem Kulturleben der Stadt besonders verpflichteten Persönlichkeiten“) sollen für die notwendige Transparenz bei der Entscheidung über sendefähige Themen sorgen. Ein Projektkoordinator, mit Rundfunkerfahrungen und journalistisch geschult, wird für die einzelnen Sendungen verantwortlich sein.

Begeistert äußerte sich über das geplante Unternehmen die Hörfunk-Programmdirektorin von Radio Bremen, Karola Sommerey. In der Bevölkerung werde das Bedürfnis immer stärker, sich ohne Einmischung journalistscher Profis zu artikulieren. Über das offene Radio aus Bremerhaven hofft sie, dem öffentlich

rechtlichen Hörfunk neue Hörerschichten erschließen zu können. Auf rundfunkübliche Qualitätskriterien für die Sendungen der „Wutwelle“ solle dabei verzichtet werden: „Qualitätsansprüche spielen für dieses Programm keine Rolle“, so Sommerey. Sie erwarte stattdessen „eine völlig neue Qualität, etwas inhaltlich Neues“.

Die „Wutwelle“, betont Sommerey, sei auf längere Sicht angelegt, weitere 300.000 Mark für 1990 und 52 Folge -Sendungen werden vom Kuratorium aller Voraussicht nach genehmigt werden. Nächster Schritt auf dem Weg zur Wutwelle ist die Bestellung des Projektkoordinators, der vielleicht schon dabeisein kann, wenn die Volkshochschule zum ersten öffentlichen Meeting für alle Interessierten einlädt. Termin: 18. Mai, 20 Uhr.

hh