Stadthalle frei für Gerhard Frey

■ DVU will ihren Europa-Wahlkampf am 17. Juni in der Bremer Stadthalle beschließen / Münchener Wahlkampfleitung erwartet 1.200 Anhänger / Stadthalle schickte Vertragsangebot / Senat unentschlossen

„Wollen Sie etwa jetzt schon mit der Werbung für unsere Veranstaltung beginnen?“ wunderte sich Wahlkampfleiter Bruno Wetzel aus der Münchener DVU-Zentrale gestern über die Nachfrage der taz, ob tatsächlich am 17. Juni, dem Tag vor der Europa-Wahl, eine Veranstaltung sei

ner Partei in der Bremer Stadthalle geplant sei.

Eine Zeitungs-Notiz hatte gestern den Innensenator, die BremerInnen gegen Neofaschismus und den VVN - Bund der Antifaschisten in Bewegung gebracht: „Wir werden alles unternehmen, um diese Veranstaltung schon in

ihrem Vorfeld zu unterbinden! Es müßte schon mit dem Teufel zugehen und würde alle bisherige Einschätzung auf den Kopf stellen, wenn diese Veranstaltung in Bremen stattfinden würde,“ erklärte VVN-Sekretär Volker Homburg dazu.

Noch ist der Vertrag zwischen

der Stadthalle und der rechtsradikalen Partei nicht unterzeichnet. Lediglich ein Angebot hat Stadthallen -Geschäftsführer Heinz Seesing nach München geschickt. Und das auch nur mit Vorbehalt: Wenn nämlich durch die Veranstaltung eine „Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, eine Schädigung des Ansehens der Stadt oder Hallengesellschaft“ zu befürchten ist, „oder die Veranstaltung dem allgemeinen Interesse der Stadt zuwiderlaufen könnte“, dann ist die Stadthalle zur Kündigung des Vertrags berechtigt, „wenn es sein muß sogar zwei Stunden vor Veranstaltungsbeginn,“ so Heinz Seesing zur taz.

Einfach ist die Rechtslage trotzdem nicht: Gerade weil im Sommer die Räume nicht ausgelastet sind, müsse die Stadthallengesellschaft bei einem vorliegenden „Anmietbegehren“ die Halle bereitstellen. Und nur bei „berechtigten Gründen“ und dann per Verfügung der zuständigen Sicherheitsbehörde, des Innensenators also, könne der Vertrag gekündigt werden.Per verwaltungsgerichtlicher Praxis seien die Stadthallen in ihrer Monopolstellung allerdings dazu verpflichtet, sämtlichen zugelassenen Parteien dieser Republik ihre öffentlichen Räume zu überlassen. Andernfalls, auch dies zeigten die bisherigen Richtersprüche, könne der Zugang per Gerichtsbeschluß erzwungen werden, so übereinstimmend Stadthalle und Innenbehörde.

Auch DVU-Wahlkampfleiter

Wetzel beharrt auf diesem Überlassungsanspruch: „Schließlich werden die Stadthallen aus Steuermitteln finanziert und Steuern zahlt jeder - auch unsere Anhänger.“

Was er nicht dazusagt: Die neofaschistischen Frey-Jünger hatten sich unter dem Namen „dsz-Konzertagentur“ um Halle IV an der Bürgerweide beworben. Und für Konzerte ist im Sommerloch selbstverständlich Platz in der stadteigenen Halle. Daß jetzt jedoch der DVU-Spitzenkandidat Gerhard Frey vor 1.200 BremerInnen wahlkämpfen will, erfuhr die Stadthallen-GmbH erst durch eigene Ermittlungen.

Der Innensenator ist unterdessen noch damit beschäftigt, „Sicherheitsfragen“ zu klären: „Für was-wäre-wenn -Überlegungen ist es noch zu früh“, so der gestrige Kommentar. Senatssprecher Ostendorf würde es jedoch „erstaunen, wenn es in Bremen nicht zu Gegenreaktionen käme.“

Auf VVN-Sprecher Homburg wirkt die angekündigte Großkundgebung „wie eine Provokation.“ Er setzt auf Optimismus: Zusammen mit den BremerInnen gegen Neofaschismus will er in den Maizelttagen mindestens 1.200 Unterschriften gegen die DVU-Veranstaltung sammeln. Und er hofft auf eine breite Unterstützung des DGB-Freundschaftsfestes am 15. Juni auf dem Marktplatz, um der rechtsradikalen Aktion eine „attraktive, menschliche und humanistische“ Alternative entgegenzuhalten.

Birgitt Rambalski