Umwelt-Beratung: Computer & Herz

■ Bundesweite Tagung zur Informationsflut in der Umweltberatung / Möglichkeiten und Grenzen vom Computereinsatz / Plädoyers für eigene, sinnliche Betroffenheit / Gute Idee: die „Dawos-Methode“

Zum Thema „Informationsflut bei der Umweltberatung“ veranstaltete die Bremer Umwelt-Beratung (BUB) gestern eine bundesweite Tagung. Rund 120 BeraterInnen kamen nach Bremen und debattierten Möglichkeiten und Grenzen von Information und Aufklärung, Computer-Hilfe in der Beratung

und Info-Netze. Die taz sprach mit einigen ReferentInnen.

taz: An der Hochschule Bremerhaven gibt es ein Forschungsprojekt für computergestützte Umweltberatung, in Zusammenarbeit mit der BUB. Wo sehen Sie Möglichkeiten und Grenzen?

Prof. Dr. Dieter Viefhues, Hochschule Bremerhaven: Man sollte nicht alles tun, was man kann. Umweltberatung ist ein eminent kommunikativer Akt, Information und auch EDV hat nur einen begrenzten Anteil. Das Land Bremen fördert ein Forschungsprojekt, in dem wir Technikentwicklung machen und Anwendung prüfen: textorientierte Datenbanksysteme, Mailboxen, also Umwelt-Nachrichtensysteme, Systeme für Folien und Materialien für Vorträge. Bei unseren Techniken sollen die Berater selbst die Datenbanken pflegen, die Information soll nicht von oben verordnet werden. Das Ganze wird über öffentliche Netze zugänglich sein, wir müssen aber verhindern, ausbalancieren, daß es nicht belastender als positiv sein wird.

taz: Herr Dorka, Sie haben für „Umwelt-Beratung mit Herz“ plädiert, weil reine Informationen ohne eigene Beteiligung nur wenig bewirken. Das ist ja nun beim Ozonloch ganz schwierig.

Olfert Dorka, Umwelt-Dienst Freudenstadt: Nein, gerade da kommt es aufs ökologische Grundverständnis an. Natürlich kann man Detailinformationen, auch über Datenbanken, herausgeben - aber das ökologische Grundverständnis erreiche ich nicht über Einzelinformation, sondern über emotional hinterlegte Erlebnisse... Ich muß Methoden entwickeln, alle fünf Sinne des Menschen zu beteiligen und einzubeziehen.

taz: Sehen Sie das aus der Praxis der Verbraucherberatung auch so? Wo stoßen Sie an Grenzen?

Petra Niesbach, Verbraucherzentrale NRW: Nicht die fehlende Information ist unser Problem, sondern die schlechte Qualität: Messungen nach Tschernobyl waren zu spät, oft sind Tests unvollständig in der Öko-Bilanz. Oft sind Daten über die Qualität der Lebensmittel in den Kommunen,

über die Belastung in der Fabrik nebenan, gesperrt oder nicht veröffentlicht - was ein aktives Potential fördern würde, wird oft unter Verschluß gehalten. Es fehlt auch an qualifizierten Leuten, die Daten auszuwählen und zu bewerten, dann gibt es eben die Grenzen im aufklärerischen Bereich - es wird zuviel mit Hirn und zuwenig mit Herz gearbeitet.

taz: Gibt es beim Magazin Öko-Test auch Informationsflut?

Edda Greiner, Öko-Test-Redakteurin: Unser Redakteure sind ja Vermittler und selbst keine Fachleute - der Computer kann die Auswahl und Wertung nicht ersetzen. Bei Öko-Bilanzen wünschen wir uns mehr und bessere Quellen, oft gibt es von seiten der Industrie eine Inforamtionsflut, der man aber nicht erliegen darf. Wir müssen auch ganz viele Informationen weglassen - chemische oder auch juristische Datailinformationen - weil die Zeitung angenehm lesbar bleiben muß. Das ist eine Gratwanderung.

taz: Die BUB hat dieses Treffen organisiert. Wieso gerade zum Thema Informationsflut?

Gerd Adelmann, BUB: Wir versu

chen, unsere Arbeit zu professionalisieren und wollen damit auch eine feste Instititionalisierung erreichen. Wir arbeiten ja immer noch mit 12 ABM-Stellen. Mit dem Projekt von Dieter Viefus arbeiten wir ja augenlicklich am Problem Informationsflut. Wir wissen: Man hat tausend Informationen aus Zeitung, Büchern, und die Umweltberater sind in der Bredouille, nicht zu allem was sagen zu können.

taz: Was werden die BeraterInnen mitnehmen zum Thema Informationsflut? Erstens Computer-Einsatz in begrenzten Bereichen, zweitens Beratung mit mehr Herz ...

Adelmann: ... drittens möglichst eine Spezialisierung - in Bremen sind wir ja in der glücklichen Lage. Die VUA hat sich spezialisiert auf Lösemittel, der BUND macht mehr Naturschutz im Garten und allgemein ... Wenn die Verbände Schwerpunkte bilden, kann man natürlich Kompetenzen entwickeln und die Verbraucher erfolgreich weiterverweisen. Das ist die „Dawos„-Methode: Da, wo's bessere Informationen gibt ... S.P