Warum der DGB-Chefsessel frei wird

■ Heinz Möller wird im Mai dem DGB-Kreisvorstand sagen, daß er nicht mehr Gewerkschafts-Vorsitzender sein will / Möller will, daß die beiden Arbeitnehmer-Kammern kooperieren und gemeinsam ein größerer machtpolitischer Faktor werden

„Immer wenn die mehr Knete verdienen können, hauen die ab.“ So kommentierte ein führender Bremer Gewerkschafter, der vorsichtshalber nicht namentlich genannt werden will, die Nachricht, daß - nachdem der Bremerhavener DGB-Chef Skribelka Syndikus bei der Wirtschaftskammer

wurde, nun auch der Bremer DGB-Kreisvorsitzende Heinz Möller im Herbst nicht mehr für den Ehrenpostenkandieren will.

„Wahlfunktionen sind doch Funktionen auf Zeit“, wundert sich Möller. Warum sollen seine Überlegungen, eventuell nicht zu kandidieren, so brisant sein? (vgl.

taz 10.4) Wenn umgekehrt Leute lebenslänglich an ihren Wahl -Posten kleben, werde ihnen das auch angekreidet. Im Mai will Möller dem Kreisvorstand des DGB mitteilen, ob er im November bei der Delegiertenversammlung wieder zur Vorsitzenden-Wahl antreten will oder nicht.

Seit Monaten wird hinter vorgehaltener Hand in Gewerkschafts-Kreisen davon ausgegangen, daß Möller nicht länger Bremer DGB-Chef sein will. Der Braunschweiger DGB -Kreisvorsitzende Siegfried Schmidt erklärte gegenüber der taz, es sei schon „sehr lange Zeit her“, so

zusagen Monate, daß er darüber informiert wurde, daß der Bremer Posten frei werden könnte. Das sei jemand „nicht aus der ersten Reihe“ gewesen, der bei ihm angeklopft habe. Für Schmidt ist das Thema natürlich offiziell noch nicht aktuell, Möller seinerseits macht jedoch keinen Hehl daraus, daß er Schmidt „sehr schätzt“. Nachdem der ÖTV-Kandidat Möller sich als „Durcuferhr“ (Gewerkschaftsjargon) erwiesen hat, würde es sich schlecht machen, wenn die ÖTV jetzt einen neuen Mann präsentieren wollte. Schmidt hätte da den Vorteil, daß er aus der IG Metall kommt.

Warum will Möller nicht mehr? Der Gewerkschaftsbund hat neben des mächtigen Einzelgewerkschaften ÖTV und IGM wenig zu sagen. Möller hat versucht, die finanzielle Ausstattung des Bremer DGB-Kreises zu verbessern, aber die Ablehnung des Ansinnens war vorherzusehen.

In Gewerkschaftskreisen wird Möller das Interesse an einem besseren Gehalt unterstellt: Während der DGB -Kreisvorsitzende sich mit ca. 6000 Mark mtl. zufrieden geben muß, wird der Arbeiterkammer-Posten nach B 2 mindestens 2000 Mark mehr nach Hause bringen. Und die meisten seiner Sitzungsgeld bringenden Ehrenposten, bei der Landeszentralbank, im Rundfunkrat, in der AOK, im Verwaltungsrat des Arbeitsamtes und anderswo, wird er auch in der neuen Funktion behalten können.

Vor allem aber hat der Geschäftsführer der Arbeiterkammer mehr Macht. Wenn Möller neben den Erfolgen der DGB-Arbeit die unerledigten Aufgaben aufzählt, dann kommt er immer wieder auf die Kammern zu sprechen. Warum haben die Arbeitnehmer-Kammern nicht von ihrem Recht Gebrauch gemacht, ein Gesetz für ein wirklich kommunales Wahlrecht für Ausländer im Parlament einzubringen? Verschiedene Untersuchungen zur Arbeitslosigkeit könnten die Kammern durchführen, um die Politik der Gewerkschaften damit durch Sachargumente zu unterstützen. Und so weiter. Dabei denkt Möller nicht allein an die Arbeiterkammer: bei „intensive

rer Zusammenarbeit“ der Kammern könne man „mehr erreichen“. Angesichts der Vermischung der Arbeiter-und Angestellten -Milieus, wo die Interessen heute in weiten Bereichen „nicht mehr differenzierbar“ seien, ist es für Möller „geradezu naheliegend, zu kooperieren“. Seitdem die DGB-Gewerkschaften die Mehrheit bei der Angestelltenkammer haben, ist mit dieser Kooperation auch schon begonnen worden. Welche Form diese bekommen kann, ist für Möller dabei „nachrangig“, wie er gegenüber der taz erklärte.

Einer Verschmelzung der Organisationen steht dabei zweierlei entgegensteht: Nicht nur hat der DGB bei der Kammer-Wahl versprochen, er respektiere die eigene Angestellten-Kammer. Auch müßte dafür eine 2/3 Mehrheit in der Vollversammlung der Angestelltenkammer stimmen, die DAG hat eine Sperrminorität von mehr als 1/3 dagegen.

Zweitens könnte es für die gemeinsame Arbeitnehmerkammer nach Lage der Dinge derzeit nur einen Geschäftsführer geben: Heinz Möller. Und das, so fürchten Möllers gewerkschaftsinterne (linke) Kritiker, strebt er an, und genau das soll verhindert werden. Denn neben einem mächtigen Arbeitnehmerkammer-Geschäftsführer - der Vorstand kommt nur einmal monatlich zusammen - wäre auch das DGB-Haus ein politischer Zwerg. Ein auswärtiger Kandidat für den DGB -Kreisvorsitz, wie er intern im Gespräch ist, wäre von vornherein ohne Einfluß: „Der brauchte zehn Jahre, um hier durchzublicken bei dem Filz“, meinte ein Möller-Gegner zu dem Kandidaten Schmidt aus Braunschweig.

Der einzige rechtliche Weg, die Kammern gegen die Sperrminorität der DAG zusammenlegen, wäre eine Novellierung des Kammer-Gesetzes. Die SPD-Fraktion wird sich, darin sind sich Fraktions-Chef Dittbrenner mit den Zusammenlegungs -Befürwortern Kunick und Scherf einig, den schwarzen Peter aber nicht zuschieben lassen, wenn der DGB diese Gesetzesnovelle nicht fordert. Dafür zumindest wäre der DGB -Kreisvorsitzende noch wichtig.

K.W.