IPF will Amt für Gleichberechtigung

■ Das Immigrantenpolitische Forum kritisierte gestern auf einer Pressekonferenz den Senatsposten „Ausländerbeauftragte“ / IPF fordert statt dessen „Amt für Gleichberechtigung und Anti-Rassismus“

Ob in Berlin, Hintertupfingen oder auch in Bonn - die Rede von der multikulturellen Gesellschaft ist in aller Munde. AusländerInnen selber kommen in der Politik jedoch kaum zu Wort. Genau diesem Manko will das Berliner Immigrantenpolitische Forum (IPF) entgegenwirken. Mitglieder sind AusländerInnen von 16 Nationen, die sich seit zwei Jahren treffen, um Belange der Immigranten in der Stadt zu vertreten. „Deutsche dürfen nicht permanent in unserem Namen sprechen“, so umriß Sevim Celebi-Gottschlich vom IPF gestern vormittag auf einer Pressekonferenz eine der Hauptforderungen. In den frischgestrichenen Kellerräumen ihres neuen Büros am Fränkelufer nahmen die IPF -VertreterInnen vor allem aber Stellung zur aktuellen Ausländerpolitik des Senats.

Und die fiel nicht gerade positiv aus: „Uns wundert, daß sich die rot-grüne Regierung lediglich über Barbara John als Person gestritten hat, nicht jedoch über die Funktion einer Ausländerbeauftragten als solche“, kritisierte Celebi -Gottschlich. Dieser Senatsposten sei nichts anderes als eine Meckerstelle für Diskriminierungen ohne praktische Konsequenzen. „Es nützt überhaupt nichts, wenn Frau John unzählige türkische Familien besucht, um zu gucken, ob die sich auch alle hübsch integrieren und deutsche Wohnzimmereinrichtungen vorweisen können“, beschwerte sich Celebi-Gottschlich. Statt der Ausländerbeaufragten müsse ein „Amt für Gleichberechtigung und Anti-Rassismus“ eingerichtet werden, erklärte die Sprecherin des IPF. Dort sollten Minderheiten und ihre Organisationen gemeinsam Leitlinien, Gesetzesvorschläge und Projekte einer antirassistischen Politik und Kultur entwickeln. „Wichtig ist jedoch, daß dieses Amt ausschließlich von Vertretern der ethnischen Minderheiten besetzt wird“, forderte die Vertreterin des IPF. Rassismus müsse gerade von denen benannt werden, die auch davon betroffen seien. Das müsse die deutsche Mehrheit endlich anerkennen.

Ein Antidiskriminierungsgesetz gegen Ausländerfeindlichkeit im Alltag - so lautet eine weitere Forderung des Immigrantenpolitischen Forums an den neuen Senat. So müßte es beispielsweise in Zukunft möglich sein, DiskothekenbesitzerInnen die Lizenz zu entziehen, falls sie AusländerInnen den Zutritt verweigern, erklärte IPF-Mitglied Ilknor Örgen-Ernst. „In vielen Ländern gibt es bereits solche Gesetze. Weshalb nicht hier?“ Eine Bestandsaufnahme rassistischer Diskriminierungen, wie sie etwa auch in Gesetzen und Verordnungen vorkämen, sei Voraussetzung dafür, so Celebi-Gottschlich. „Diskriminierung im Alltag muß öffentlich gemacht werden!“, forderte der IPF-Vertreter Botembe La-Lo Wengo.

Kritisch äußerten sich die SprecherInnen des Immigrantenpolitischen Forums auch gegenüber dem antirassistischen Telefon, das von Antifa-Organisationen wegen zunehmender Überfälle und Schmierereien von Rechtsradikalen eingerichtet worden war. „So eine Meldestelle fördert nur das Denunziantentum und hat überhaupt keine Wirkung“, erklärte Ilknor Örgen-Ernst. Ihnen gehe es nicht um eine Sammelstelle antirassistischer Umtriebe, sondern um aktive Politik. Zum Thema Rechtsradikalismus erklärte La-Lo Wengo: „Rechtsradikalismus gäbe es in Deutschland auch ohne Ausländer. Das ist nur das Resultat eines allgemeinen Werteverfalls, bei dem die Ausländer als Sündenböcke herhalten müssen.“

cb