Karl Max, Henni und Leni

■ „Die Verkündigung“ von Milan Uhde

Das Stück Die Verkündigung von Milan Uhde schildert einen kurzen Abschnitt aus dem Leben des Wissenschaftlers Karl Max, der um 1850 mit seiner Frau Henni von Ostphal und dem Dienstmädchen Leni in einer ärmlichen Londoner Wohnung haust und offenbar kurz vor der Zwangsräumung steht. Die Handlung spielt auf zwei Ebenen, der erste und dritte Akt stellen „Realität“ dar, der zweite Akt ist ein Traum.

Das Stück ist in sehr lebendigen Dialogen geschrieben, es wird nicht theoretisiert, es gibt keine langen Monologe, der Austausch der Argumente zwischen Mann und Frau, wobei die Frau - wie immer - die praktische Seite vertritt, ist nicht nur lebensnah, sondern auch witzig. Während der erste Akt noch als Groteske verstanden werden könnte - z.B. treten alle Personen in Nachthemden auf - die eine bekannte Person der Geschichte, die mancherorts Gegenstand erheblicher Verehrung ist, im wenig würdevollen Alltag zeigt, so gewinnt das Stück im Traumakt eine weitere Dimension - hier werden die Hoffnungen und Ängste dieser Menschen in szenische Realität umgesetzt und mit traumhafter Konsequenz zu Ende geführt: Leni geht vor Verzweiflung in die Themse, Henni wird von K.M. in einem Wutanfall erdrosselt, K.M. wird von der aus dem Totenreich zurückgekehrten Leni zu Tode geküßt, weil er ihre Liebe verraten hat.

Hier wird klar, daß der Autor über die Fähigkeit zum geistreichen Dialog hinaus auch die menschliche Dimension überzeugend verdeutlichen kann. Und die Rückkehr in die „Realität“ des dritten Akts, in dem alle Personen natürlich noch am Leben sind, läßt sie uns in einem volleren, menschlicheren Licht erscheinen.

Die Situation des brotlosen Wissenschaftlers, der davon träumt, die Welt zu verändern, aber seiner eigenen Situation und der seiner Familie und Mitmenschen hilflos gegenübersteht, wird nicht an die Groteske verraten, sie wird aber auch nicht glorifiziert oder mitleidig geschildert, sondern in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit sehr unterhaltsam und doch nicht ohne Tiefe verdeutlicht. Wie es in einer guten Komödie sein soll, haben viele der „witzigen“ Repliken und Situationen die Eigenschaft, im wahrnehmungsfähigen Betrachter den Eindruck zu erwecken: „So ist es“. Allerdings muß er dazu bereit sein, es wird ihm nicht aufgedrängt, es wird nicht mit dem Zeigefinger über das hinausgewiesen, was auf der Bühne geschieht, es werden keine Belehrungen ausgesprochen, dies alles ist im Geschehen selbst enthalten. Ich habe das Stück mit Freude gelesen.

Joachim Brus

Der Text ist erhältlich über die

Literarische Agentur Peter Pont, Steinmetzstraße 6,

5060 Bergisch Gladbach 1