Rezept für einen Walpurgis-Auflauf

■ Frauenbewegung? Lauter frustrierte Damen. Alle unzufrieden. Dabei gibt's doch schon jede Menge Zahnärztinnen

Luisa Francia

Im Sommer gibt sie Schatten, im Winter hält sie warm.“ Ich meine, was kann man da rummeckern, das ist doch eine durchaus positive Aussage über eine Frau (Die fette Elke von den „Ärzten“). Und welche Frau kann schon von sich sagen, daß sie so nützlich ist, wie die hier skizzierte. Frauenbewegung, ich hör immer Frauenbewegung. Was hat sie denn gebracht? Lauter frustrierte Damen, die herumsitzen und nicht mehr mit dem zufrieden sind, was ihnen zusteht, was die Männer ihnen zukommen lassen. Was wollt ihr eigentlich, sogar die taz, die ja nun wirklich ein Macho-Blatt ist, hat Redakteurinnen, und die schreiben ja sogar auch politische Artikel... Und grad kürzlich haben sie über zwei lange Seiten ein Gespräch mit Rainer Langhans veröffentlicht, in dem er sich anbietet, den Frauen zu helfen, ja was wollt ihr denn noch mehr! Da bieten die Männer endlich mal an, von ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten den Frauen was abzugeben, und da meckert ihr immer noch rum.

Was wollt ihr denn? Zum Beispiel erlebe ich es immer wieder, daß Frauen zu mir in Vorträge oder Seminare kommen und wenn so die Rede auf Männer kommt, dann springen direkt welche auf und rufen: „Meiner ist anders!“ Sag ich doch. Meiner ist nämlich immer anders! Und den Mülleimer trägt er jetzt auch runter. Und kochen kann er auch, das können ja, wie wir wissen, Frauen eh nicht so gut, autofahren auch nicht, ach Männer sind überhaupt so vielseitig. Und dann heißt es plötzlich: „Meiner ist schlimmer als alle anderen.“

Aber es hat sich ja schon viel geändert! Es gibt jede Menge Zahnärztinnen, Rechtsanwältinnen, Handwerkerinnen sogar, Richterinnen usw. Also tut doch nicht so, als kämen die Frauen nirgends vor. Was? Das stört euch, daß sie nur Alibifrauen sind, die letztendlich nichts wirklich Neues durchbringen werden? Wer wird denn wegen einer solchen Kleinigkeit so humorlos reagieren. Kann ja sein, daß Frauen

-zum Teil, sag ich, zum Teil - noch schlechter verdienen als Männer, aber das ändert sich bestimmt bald. Alles zu seiner Zeit! Ihr dürft nicht vergessen, daß sie ja auch nicht so qualifiziert sind wie Männer. Und, mal ehrlich, Frauen können doch echt nicht logisch denken, kommt jetzt bloß nicht mit Madame Curie, die war doch die absolute Ausnahme.

Ich hab neulich mit 'ner Medizinerin gesprochen, die war ja sowas von radikal drauf, die sagte, die Männer würden im Schnitt alle acht Minuten an Sex denken. Und, sagt sie, überleg mal, was das für Konsequenzen hat, wenn das ganze Blut in den Schwellkörper schießt. Dann ist ja das Hinr leer, sagte ich verblüfft. Du sagst es, sie drauf. Aber es kommt noch dicker, haltet euch fest. Aber, sagt sie, das macht eh nichts, denn bei Männern sind ja die freischwingenden Kontaktstellen im Hirn eh so eng verlötet, daß sie mit ihrer Hirnsubstanz gar keine kreativen Möglichkeiten mehr haben, da ist es schon wurscht, ob das Hirn durchblutet ist oder nicht.

Na hör mal, sage ich drauf, denn ich bin bemüht, immer sachlich abzuwägen und nicht jeder radikalen Idee auf den Leim zu gehen, das würde ja bedeuten, daß die ganzen Manager - und Chef-Posten alle fehlbesetzt sind. Ganz genau, sagt sie triumphierend. Und wenn die nicht alle ihre Sekretärinnen hätten - das ist dir doch auch schon aufgefallen, daß jede Handlung bei der Organisation und Planung beginnt, wirft sie ein, du als spirituelle Person mußt doch um die Macht von Visionen wissen -, wenn sie also nicht ihre Sekretärinnen hätten, würden sie gar nicht mehr durchblicken. Nur dafür haben sie den Computer erfunden, damit sie endlich nicht mehr vom Rockzipfel der Sekretärin abhängen. Tun sie natürlich trotzdem, denn jedem erfolgreichen Mann pumpen zehn Frauen Energie rein, aber an jeder erfolgreichen Frau ziehen zehn Männer. Dieses Zitat hat sie geklaut, da bin ich sicher, das hab ich schon mal gehört. Und, sagt sie, was hast du gedacht, warum Frauen nicht hochkommen? Ich hab gedacht, sag ich, weil sie nicht qualifiziert genug sind, sage ich kleinlaut. Hast du dir mal überlegt, sie drauf, wo die Männer alle arbeiten sollen, wenn die wirklichen Fachleute ankommen, die Frauen, die seit Jahrtausenden planen, zusammenhalten, organisieren, haushalten... Ich unterbreche sie ungeduldig, also sag schon, wohin.

Nein, du sagst es mir, sagt sie. Das ist nämlich das wirkliche Problem. Ich kratze mich am Kopf, versuche noch, eine Lösung zu finden, da legt sie schon wieder los. Und die Soldaten. Hast du dir mal überlegt, was wir mit denen anstellen, wenn's keine Kriege mehr gibt, wenn der letzte Tiefflieger eingemottet wurde?

Verdammt, daran habe ich nie gedacht. Was sollen wir dann bloß mit all diesen Männern machen.

Handwerklich sind ja manche von ihnen ganz geschickt, überlegt sie... Straßen, die mal gebaut wurden, können auch wieder abgetragen werden, Wälder aufgeforstet, Biotope angelegt usw. Da braucht man halt viele fleißige Hände, warum nicht...

Komm jetzt, sag ich, die armen Kerle, die haben doch auch ihre Probleme. Schau mal, sie leiden alle drunter, daß die Welt so zerstört ist... Wer hat sie denn zerstört, schreit sie dazwischen.

Also die Mütter, sage ich fest, die sind auch nicht ganz unschuldig, dieses Argument höre ich nämlich auch so oft. Jaaa, die Mütter, jault sie, das wußte ich, daß du mit diesem Schwachsinn auch noch daherkommst. Sperr ein paar Ratten in einen Käfig und gib ihnen dazu die Anweisung, sich kreativ zu verhalten. Wie sollen sie es denn hinkriegen, wenn sie selber ächzend an der Leine liegen, eingepreßt in Haushalt, Berufstätigkeit, und Kinder.

Und jetzt komm bloß noch damit, daß die Frauen selber schuld sind, wenn sie schwanger werden. Gut, daß ich das jetzt nicht gesagt hab. Die sollen doch die Männer gar nicht mehr ins Bett lassen, hat meine Mutter mal gesagt, ja wie hätten wir's denn, die Frauen müßten dauernd das Chemiezeug fressen, nur damit die Männer ihren Spaß haben.

Der Spaß bei den Frauen ist kurz, die Reue lang, sagt sie noch in ihrer volkstümlichen Art. Ich scheine überhaupt von radikalen alten Weiber umgeben zu sein. Neulich gehe ich ins Müllersche Schwitzbad in München, da sitzen immer die alten Frauen drin und erzählen sich aus ihrem Leben, am Dienstag in der Früh. Sagt die eine, Sie, ich hab jetzt den Witwer geheiratet, gell, wissen's schon, wo ich Ihnen erzählt hab. Was! schreit die andere, des tun Sie sich noch an!

Die alten Frauen sind halt auch nicht mehr das, was sie in der Nazizeit und in den fünfziger Jahren waren. Wenn der Herr Schneider stirbt, sagte meine Mutter über eine Freundin, dann stirbt sie gleich hinterher. Von wegen, kaum war er tot, lebt sie erst richtig auf! Naja, alles keine typischen Fälle. Ich seh überall nur Frauen, die ihren Familien den Haushalt führen, sich bei ihren Freundinnen ausjammern und dann wieder mit neuer Kraft loslegen, Spuren beseitigen, alles wieder glätten. Ich hör immer nur, wie Scheiße alles ist, was für Leiden die Frauen wieder neu entwickelt haben - Nieren- und Rückenleiden sind besonders in, nach Magengeschwüren und Migränen -, aber daß mal eine den unerträglichen Zustand beendet, krieg ich eigentlich nicht so mit. Die sind halt ökonomisch abhängig von ihren Männern, sagst du jetzt vielleicht, denkste, die arbeiten alle. Die stünden sogar nach einer Scheidung besser da und hätten mal ihre Ruhe... Also ich merk schon, ich bin selber schon ganz angesteckt von dieser Aufmüpfigkeit um mich herum.

Also, versorgt ruhig eure Männer, hört euch ihren Schmarren an, bestärkt sie im Glauben, daß sie die Größten sind, nehmt ihnen nicht den letzten Mut - was sage ich da, den letzten Mut, das klingt gut. Aber wenn's euch dreckig geht, kommt bitte nicht zu mir, und heult euch ja nicht bei mir aus. Ich halte es mit Gertrude Stein: „She told her about her marriage problems. Gertrude Stein was not interested.“

Rezept für den Walpurgis-Auflauf:

Die nimmst Frauen, soviel du kriegen kannst, Farben, Federn, bunte Fetzen, Besen, Trillerpfeifen und vor allem jede Menge Rasseln aller Art, dann tust du alle Zutaten auf einen öffentlichen Platz und fängst an zu kochen und zu rühren. Dann wirfst du Anklagen und Beschuldigungen samt Namen und Adressen in den Kessel hinein und läßt es ein paarmal gut aufkochen. Hab ich gesagt überkochen? Wer behauptet hier schon wieder, das sei Aufforderung zur Gewalt, wenn man nur ein harmloses Kochrezept... Also ihr könnt mich mal.