Glückliche Ärzte für nichtrauchende Patienten

■ Kongreß zur „Zukunftsaufgabe Gesundheitsförderung“ blieb im Allgemeinen stecken / Senat plant neue „Hochschule für Gesundheit“ / Gesundheitsvorsorge soll gestärkt werden / Mangelhafte Beteiligung von Pflegepersonal und KommunalpolitikerInnen

„Gut ist ein glücklicher Arzt, der in sich ruht, der bescheiden steht zu seiner Macht und selbstbewußt zu seiner Ohnmacht.“ Auf dem am Wochenende tagenden Kongreß „Zukunftsaufgabe Gesundheitsförderung“ griff Ellis Huber, Präsident der Berliner Ärztekammer, tief in die Kiste der Visionen. Das Bewußtsein der medizinischen Berufe, der Ärzte und Pflegenden, aber auch jedes einzelnen ließe sich verändern - weg von der nur therapierenden, heilenden und lindernden Medizin, hin zur aktiven Gesundheitsförderung.

Der rot-grüne Senat, so betonte Gesundheitssenatorin Ingrid Stahmer in der Eröffnungsrede, habe die Zeichen der Zeit bereits erkannt (natürlich. sezza) und wolle „den gesundheitlichen Umweltschutz, die Gesundheitsberatung und die Vorsorge gegen krankmachende Umweltbedingungen stärken und ausbauen“. Spektakulärstes Ziel: Der Bau einer Hochschule für Gesundheit in West-Berlin, die sich auch um die Ausbildung für nicht-ärztliche Berufe im Gesundheitswesen kümmert.

In einem Jahr, so hofft die Staatssekretärin im Gesundheitssenat, Ursula Kleinert, wird die Errichtung einer „Public School of Health“ nach amerikanischem Vorbild vom Senat beschlossen.

Organisiert wurde der Kongreß von der Berliner Ärztekammer, der Technischen Universität, der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und den Betriebskrankenkassen. Hintergrund: Der Bereich der „Gesundheitsförderung“ wurde förmlich in das sogenannte Gesundheitsreformgesetz aufgenommen und in die Hände der Krankenkassen gelegt. Die Idee für diesen Kongreß, so betonte Huber, habe er jedoch bereits vorher gehabt. Zu konkreten Aussagen berufen fühlten sich auf diesen Kongreß jedoch vor allem Vertreterinnen des Senats. „Berlin ist im Aufbruch“, verkündigte vehement die Senatorin (kenn ich doch woher. sezza), füllte den Rest ihrer Rede dann aber doch nur mit bekannten Allgemeinplätzen: Weg von den teuren Apparaten der Hochleistungsmedizin, hin zu einer „Allgemeinversorgung, die sich nach den Menschen richtet und die Bewahrung seiner körperlichen und seelischen Gesundheit zum Ziel hat.“

Um den „sehr reduzierten“ öffentlichen Gesundheitsdienst zu stärken, sind regelmäßige landesweite Gesundheitskonferenzen geplant, offen für Ärzte, Krankenkassen und für alle, die in Gesundheitsberufen und Selbsthilfegruppen tätig sind. Wie weit die Kompetenzen einer solchen Gesundheitskonferenz jedoch reichen, ist derzeit noch unklar. Was ist zu tun, wenn sich das Bedürfnis nach gesundem Leben mit wirtschaftlichen Interessen beißt? „Güterabwägung“, war die eher unbefriedigende Antwort der Staatssekretärin Kleinert.

Unbefriedigend blieb der Kongreß auch noch für eine weitere Berufsgruppe. Hatte Huber in seiner flammenden Abschlußrede noch gemahnt, daß eigentlich eine Krankenschwester auf dem Podium stehen müsse, berichtete die Krankenschwester und ehemalige Gesundheitsstadträtin Brunhild Dathe, daß ein derartiges Angebot von den OrganisatorInnen erst viel zu spät gemacht worden sei. Die sogenannte „Basis“, Anghörige der Pflegeberufe, waren somit auch nur vereinzelt erschienen. „Es hätten auch mehr Kommunalpolitiker da sein müssen“, bemängelte Annette Schwarzenau, die Charlottenburger Gesundheitsstadträtin.

Fazit des Kongresses Deckungsgleich mit dem Titel: Die Gesundheitsförderung ist die Aufgabe der Zukunft. Stärkung des Gesundheitsbewußtseins in der Bevölkerung: „Weniger Essen, weniger Trinken, weniger Sitzen, weniger Rauchen und weniger Streß„; Veränderungen sind aber auch auf politischer Ebene gefragt. Nur dann, so Professor Badura von der TU, sei eine „Geldumverteilung in Richtung Gesundheitsförderung möglich“. Wie wahr. Keine einmaligen Ergebnisse also auf diesem bisher einmaligen Kongreß? „Damit habe ich auch nicht gerechnet“, kontert Huber geschickt, „so ein Kongreß kann immer nur Schlaglichter setzen und Anreize für die Zukunft geben.“

Martina Habersetzer