„Erfolg für linke Politik“

■ Die Mehrheit der Alternativen Liste verurteilt scharf die Ausschreitungen am 1.Mai / Auch Kritik von Seiten der sogenannten Reform-Autonomen

Mit „Verständnis für die Menschen, für die autonome Militanz und spontane riots grundsätzlich ein legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung ist“ reagierten jetzt fünfzehn Mitglieder und Funktionsträger der AL, darunter die Bundestagsabgeordnete Siggi Friese, auf die schweren Auseinandersetzungen in der Mai-Nacht. In einer von den fünfzehn herausgegeben Presseerklärung heißt es dann folglich auch: „Als großen Erfolg für linke Politik in Westberlin sehen wir die revolutionäre 1. Mai-Demonstration mit zeitweise bis zu 10.000 Teilnehmern.“ Die militanten Auseinandersetzungen belegen für die Unterzeichner „daß es nicht ausreiche, wenn die Rot-Grüne Koalition sich nur um die Akzeptanz der IHK, der Alliierten und der Kochstraße (Springer) bemühe. Die Aktionen hätten sich jedoch nicht gegen eine spezielle Variante bürgerlicher Politik gerichtet, sondern gegen die unveränderten Lebensbedingungen, betonen die Unterzeichner. Im scharfen Widerspruch zu der Erklärung der Fundis steht allerdings die Mehrheit der Al. In der Presserklärung der AL-Fraktion und des Geschäftsführenden Ausschuß wird mit den Troubelmakern vom 1. Mai hart ins Gericht gegangen: „Die AL verurteilt die Ausschreitungen, die sich gegen den Kiez und seine Bewohner gerichtet haben. Der ursprüngliche Gedanke, den 1.Mai zum Fest gegen Ausländerfeindlichkeit, Frauenfeindlichkeit und Faschismus zu machen wurde durch Aktionen, in denen keinerlei politische Zielrichtung mehr erkennbar war, zerstört. Die Linke dieser Stadt und auch gerade diejenigen, die rot-grüner Politik kritisch gegenüberstehen, müssen ihren Beitrag dazu leisten, daß politische Probleme nicht im Wechselspiel von militanter Gewalt und Polizeieinsätzen ausgetragen werden.“ Keine Perspektive sieht die AL allerdings in dem jetzt vielfach geforderten „härterem vorgehen der Polizei“. Weitergehende Forderungen kommen von der Kreuzberger AL und einer Reihe von Einzelpersonen aus dem Bezirk. Mit einem „Manifest zur Diskussion“ fordern die Unterzeichner, darunter der Rotbuch Verlag, der ehemalige Baustadtrat Orlowsky, der BVV-Abgeordnete Härtig und Rechtsanwalt Eisenberg alle Kreuzberger auf, „sich gegen die weitere Zerstörung Kreuzbergs und die Gefährdung von Menschenleben zu stellen. Wir wollen verhindern, das Kreuzberg nach der Welle der spekulationsbedingten Zerstörung nun eine Welle politisch motivierter Zerstörung erlebt“, heißt es in dem Manifest. Sendepause ist zur Zeit bei den verschiedenen Fraktionen der Autonomen angesagt. Nur von Teilen der sogenannten „Reform-Autonomen“ gibt es harsche Kritik an der „völlig sinnlosen Militanz der cirka 80 Streetfighter“. Auch diesmal „seien wieder eine ganze Reihe der Putzmacher eigens dafür aus dem Wessiland angereist. Natürlich hat sich dann auch ein Solidarisierungseffekt ergeben, es standen ja genug Leute herum. Wir haben auch mitbekommen, daß die Bullen defensiv waren und es von daher überhaupt keinen Anlaß für diese Zerstörung gab. Wir verlieren so immer mehr das mühsam aufgebaute Vertrauen der meisten Kiezbewohner. Wem gehört Kreuzberg, das muß jetzt diskutiert werden“. Aus der anderen Ecke der „revolutionären Front“ war nichts zu erfahren: „Wer ist da, taz, mit euch Counterschweinen reden wir doch gar nicht.“

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