„Klarer Bruch des Embargos und eine illegale Aktion“

Joseph N. Garba, Vorsitzender des „Special Commitee against Apartheid“ und ehemaliger Außenminister Nigerias, zur bundesdeutschen Lieferung von U-Boot-Plänen nach Südafrika und zur Arbeit des parlamentarischen Untersuchungsausschusses / „Die Bundesregierung hat die Interessen des südafrikanischen Volkes verraten“  ■ I N T E R V I E W

Am Donnerstag trafen sich auf Einladung der Vereinten Nationen und der Weltkampagne gegen Apartheid Vertreter von Kirchen, Parteien, Dritte-Welt-Gruppen und Wissenschaft in Bonn, um über die Verstöße der Bundesrepublik gegen das international bindende UNO-Rüstungsembargo gegen Südafrika zu beraten. Eingeleitet wurde die Konsultation durch ein Grußwort des Ehrenvorsitzenden der Weltkampagne, Willy Brandt. Brandt bezeichnete es als einen Fehler der Vergangenheit, daß das 1977 verhängte Rüstungsembargo nicht ausreichend in deutsches Gesetz umgesetzt wurde. Bisher könnten Rüstungslieferungen nach Südafrika genehmigt werden. Brandt forderte ein generelles Verbot dieser Exporte.

Unter Leitung des Vorsitzenden Joseph N. Garba diskutierten die Teilnehmer der Konferenz - unter ihnen der Vositzende des U-Boot-Untersuchungsausschusses des Bundestages, Horst Eylmann (CDU) und die Mitglieder dieses Gremiums Ursula Eid (Grüne), Norbert Gansel und Günter Verheugen (SPD) insbesondere die Schlußfolgerungen aus dem nach wie vor unaufgeklärten U-Boot-Skandal. Die Anhörung des Mitglieds der Geschäftsführung des Industriekontors Lübeck (IKL), Klaus Evers, brachte jedoch keine neuen Aspekte. Evers, der zum ersten Mal seit zweieinhalb Jahren Fragen zur Lieferung der U-Boot-Pläne nach Südafrika beantwortete, hielt die Version aufrecht, daß das IKL und die Howaldtswerke Deutsche Werft AG (HDW) keine illegalen Handlungen begangen hätten.

Kurz vor der Anhörung hatte der U-Boot-Ausschuß mit den Stimmen der Regierungsfraktionen beschlossen, einen vorläufigen Schlußstrich unter die Ausschußarbeit mit der Erstellung eines „Zwischenberichts“ zu ziehen. CDU/CSU und FDP halten die Angelegenheit für aufgeklärt. Ein Antrag der SPD-Fraktion, zu den offenen Fragen Bundeskanzler Kohl, Außenminister Genscher und Verteidigungsminister Wörner zu hören, wurde erst mal auf die lange Bank geschoben.

Die taz befragte den Vorsitzenden des UNO-Komitees, Generalmajor Garba, nach seiner Zwischenbilanz des U-Boot -Skandals:

taz: Welche Änderungen der bundesdeutschen Exportgesetze fordert die UNO, damit das Rüstungsembargo in Zukunft in der BRD wirksam wird?

Garba: Im speziellen Fall der Bundsrepublik haben wir die Empfehlung, daß ein ähnliches Gesetz verabschiedet wird wie im Fall der Exporte nach Libyen, daß also Rüstungsexporte nach Südafrika generell verboten werden. Die Bundesregierung muß aktiv werden, um die Schlupflöcher zu stopfen, die gegenwärtig bestehen. Es muß Schluß sein mit den flexiblen Möglichkeiten für deutsche Firmen, Waffen oder militärische Hardware nach Südafrika unter dem Vorwand zu liefern, daß sie angeblich vom Militär nicht genutzt werden könnten. Es scheint mir, daß die Bundesregierung dies zunehmend auch so sieht.

Eine bedeutende Rolle spielte bei der Konsultation gestern der Verkauf von U-Boot-Konstruktionsplänen nach Südafrika. Warum ist speziell dieser Fall für die UNO so wichtig?

Das ist ein Verstoß gegen das Rüstungsembargo. Der Bau von U-Booten würde die Fähigkeit Südafrikas, die Frontstaaten zu terrorisieren, erheblich vergrößern. Die Bundesregierung und die Firmen bestreiten diese Möglichkeit, aber sie haben große Schwierigkeiten, das überzeugend zu tun. Denn die Experten, die hier ausgesagt haben, konnten über jeden Zweifel erhaben darlegen, daß Südafrika bereits mit den gelieferten Plänen zwei Jahre Entwicklungszeit für die U -Boote gespart hat. Südafrika hat jetzt die Fähigkeit zum Bau eigener U-Boote erhalten. Das ist ein klarer Bruch des Embargos und eine illegale Aktion. Dieser Vorgang der Lieferung von U-Boot-Plänen nach Südafrika muß das Interesse der internationalen Gemeinschaft finden. Wir fordern, daß die Bundesregierung die Firmen bestraft, damit nicht andere nachfolgen und die militärische Kapazität des Apartheid -Regimes weiter stärken.

Hat Ihrer Meinung nach die Bundesregierung eine Rolle bei der Erteilung des „grünen Lichts“ für die Firmen gespielt?

Die Beweise, die gestern vorgelegt wurden, zeigen definitiv, daß die Bundesregierung die Genehmigung für das U -Bootgeschäft erteilt hat. Die Regierung bestreitet das natürlich, aber die Beweise reichen aus, um zu sagen: sie ist in das Geschäft verwickelt.

Wie denken Sie darüber, daß Regierungsstellen das U-Boot -Geschäft als legal bezeichnen und daß es seit zwei Jahren keine Verurteilung der Verantwortlichen gibt?

Es geht da wohl um die Beziehung zwischen dem Auswärtigen Amt und der Staatsanwaltschaft. Das Auswärtige Amt besteht ja darauf, daß nach der Gesetzeslage Beweise dafür erbracht werden müßten, daß dieses Geschäft die Auswärtige Politik der Bundesrepublick beeinträchtigt hat. Dafür reichten die Beweise bisher angeblich nicht aus. Ich habe dem Auswärtigen Amt mitgeteilt, daß diese Beweise natürlich nicht vorliegen. Die internationale Gemeinschaft hat ihre Verärgerung über den U-Boot-Deal demonstriert. Es gibt das tiefsitzende Gefühl, daß die Bundesrepublik die afrikanische Sache und die Interessen des südafrikanischen Volkes verraten hat. Vielleicht war dieser Protest nicht immer laut genug. Die Staatsanwaltschaft argumentiert nun, sie könne erst dann aktiv werden, wenn sie vom Auswärtigen Amt dazu autorisiert wird. Wir haben die deutschen Stellen aufgefordert, die Angelegenheit zu regeln. Die Beweise liegen vor - wir haben sie vorgelegt -, daß die U-Boot-Affäre die Außenpolitik der Bundesrepublik beeinträchtigt hat. Was für Beweise werden noch gebraucht?

Ist nach dem U-Boot-Skandal die Position der Bundesregierung noch glaubwürdig, daß das UNO -Rüstungsembargo jederzeit eingehalten wird. Der Leiter der Afrika-Abteilung im Auswärtigen Amt, Sulima, erklärte gestern, wer die Behauptung von Verletzungen des Embargos aufstelle, verleumde die Bundesrepublik böswillig.

Wir haben die Beweise vorgelegt. Jetzt muß die internationale Gemeinschaft entscheiden, wer hier wen verleumdet.

Interview: Reinhard Krämer