Tauziehen um THTR in Hamm-Uentrop

Demonstranten fürchten die Wiederinbetriebnahme des Auslaufmodells auch ohne die notwendigen Reparaturen in den nächsten vierzehn Tagen / Die NRW-Landesregierung hat das letzte Wort  ■  Von Gerd Rosenkranz

Berlin (taz) - Gegen eine Wiederinbetriebnahme des Hochtemperaturreaktors in Hamm-Uentrop und für seine endgültige Stillegung demonstrierten am Wochenende knapp 1.000 Menschen vor dem Reaktorgelände. Die „eher magere“ Teilnehmerzahl führten Vertreter der Bürgerinitiative Hamm gegen den THTR vor allem auf den Ausstiegsbeschluß der nordrhein-westfälischen Landesregierung wenige Tage vor der Demonstration zurück. Dieser sei wohl vielfach als endgültige Entscheidung mißverstanden worden, befürchteten die Veranstalter.

Der Hauptredner der Demonstration, der Dortmunder Kernphysiker Professor Michael Karger, vermutet dagegen, daß der Reaktor trotz der festgestellten technischen Mängel innerhalb von vierzehn Tagen wieder ans Netz gehen wird. Darüber wollen am kommenden Dienstag die THTR-Betreiber auf einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung grundsätzlich entscheiden. Es wird erwartet, daß sie den Reaktor solange weiterbetreiben wollen, bis die noch vorhandenen Brennelementkugeln verbraucht sind. Auf diese Weise sollen die gewaltigen finanziellen Defizite, die der Reaktor bereits eingefahren hat, begrenzt werden.

Das letzte Wort darüber, ob der Reaktor ohne Reparatur der Verkleidung in den sogenannten Heißgaskanälen und ohne Nachrüstmaßnahmen wiederanlaufen wird, liegt jedoch beim nordrhein-westfälischen Wirtschaftsminister Reimut Jochimsen. Der TÜV und die Reaktorsicherheitskommission (RSK) hatten in zwei Studien den Weiterbetrieb des THTR für verantwortbar erklärt, obwohl bei Revisionsarbeiten im vergangenen Herbst in den Heißgaskanälen 35 abgerissene Bolzen und acht defekte Dübel entdeckt worden waren. Unter Hinweis auf diese Studien legte Karger auf seiner Rede bei der Demonstration vor dem Hochtemperaturreaktor dem TÜV nahe, an das Atomkraftwerk die gleichen Kriterien anzulegen, wie an jeden PKW: entweder Reparatur oder aus dem Verkehr ziehen.

Für Claus Mayr, einen der drei Kläger gegen den THTR, hat Genehmigungsminister Jochimsen trotz der TÜV-Studie genügend Spielraum, die Wiederinbetriebnahme des defekten Reaktors zu verhindern. Weder gebe es wie in Kalkar die Drohung des Bundes mit einer „bundesaufsichtlichen Weisung“, noch hätten die Betreiber für den Fall einer Verweigerung Jochimsens mit den Gerichten gedroht, sagte Mayr gegenüber der taz. In einer Stellungnahme „zur sicherheitstechnischen Bedeutung der Schäden an metallischen und keramischen Einbauten des THTR300“ war Mayr zu dem Schluß gekommen, diese seien „mit vertretbarem Kosten- und Zeitaufwand nicht mehr zu beheben“. Es sei „widersinnig“, auf notwendige Sicherheitsvorkehrungen verzichten zu wollen, weil „ein Atomreaktor nicht zwanzig, sondern nur noch fünf Jahre“ betrieben werden soll. Sollte der THTR vor seinem beschlossenen Ende noch einmal ans Netz gehen, will Claus Mayr möglicherweise erneut vor Gericht ziehen.