„Wir werden diese Krawalle nicht hinnehmen“

■ In einem „Kreuzberger Manifest“ kündigen verschiedene Initiativgruppen Konsequenzen an

IM

Wir, die unterzeichnenden Institutionen und Menschen, haben den Ausbruch der Gewalt auf den Kreuzberger Straßen am 1.Mai erlebt. Das 1.-Mai-Fest auf dem Lausitzer Platz sollte den Widerstand gegen Neofaschismus ermutigen, sinnlose Zerstörungen haben dazu geführt, daß das Gegenteil erreicht wurde und allenfalls die Argumentationen der neuen Rechtsradikalen Auftrieb erhalten. Nach allem, was wir heute wissen, ging die Gewalteskalation nicht von der Polizei aus. Sie ging von Menschen aus, deren Motive wir nicht teilen oder nicht einmal kennen. Sie ist ein Angriff auf die hier lebenden und arbeitenden Menschen und die von ihnen geschaffenen Strukturen. Das Ergebnis sind Zerstörungen des Lebensraums Kreuzberg sowie Verletzungen von Polizeibeamten und Privatpersonen in bisher nicht zu übersehendem Umfang.

Es gibt für uns keinerlei Rechtfertigung dieser Gewalt, sie ist für uns auch nicht mehr verständlich. Dabei ist uns bewußt, daß die Perspektivlosigkeit vieler Menschen nicht nur zu Selbstzerstörungen führt (Drogensucht u.a.), sondern auch dazu, sich selbst auszugrenzen - in dem Gefühl, nur so überhaupt noch handeln zu können. Der Wunsch aber, dem System oder dem rot-grünen Senat eine Absage zu erteilen, kann keine Rechtfertigung sein für die Gefährdung von Menschenleben und die Zerstörung Kreuzbergs, des Bezirks, dessen Menschen auch ohne diese Zerstörungen schon unter besonderen Belastungen leiden. Die Folgen dieser Gewalt zeigen, daß sie kein Problem der Polizei, Sicherheitsbehörden und politisch Verantwortlichen allein sind und bleiben dürfen. Wir alle sind aufgerufen, uns gegen die weitere Zerstörung Kreuzbergs und die Gefährdung weiterer Menschenleben, auch die Gefährdung von Polizeibeamten, durch solche Gewalttaten zu stellen. Wir werden in den nächsten Wochen in Diskussionen mit allen Beteiligten deutlich machen, daß wir diese Krawalle nicht hinnehmen werden. Wir werden überlegen, ob wir bei dem nächsten Anlaß uns zwischen die Angreifer und die Angegriffenen, das waren am 1.Mai 1989 die Polizei und die geplünderten Geschäfte und zerstörten Autos, stellen werden. Wir weisen auch auf die Mitverantwortung der vielen Schaulustigen hin, die durch ihre Anwesenheit den Gewalttätern eine willkommene Kulisse und Rückzugsmöglichkeit geboten haben, ohne ihnen entgegenzutreten.

Wir wollen verhindern, daß Kreuzberg nach der Welle der spekulationsbedingten Zerstörung nun eine Welle politisch motivierter Zerstörungen erlebt. Johannes Eisenberg

Rechtsanwal

Volker Härtig, A

Werner Orlowsky

Ex-Baustadtrat in Kreuzber

Benny Härlin, Md

Michael Fröhling

Vorstand Verein SO3

Stadtteilausschuß SO36 un

Erneuerungskommissio

Kottbusser To

(auf ihrer gemeinsame

Sondersitzung am 2.Mai 1989