Reden, Reden über Wackersdorf

■ Die Grablegung der WAA Wackersdorf verzögert sich bis nach Pfingsten / Gestern erneute Gespräche in Bonn mit Spitzenvertretern der Energiewirtschaft / Auch in Paris wird eifrigst verhandelt / Grüne sauer über energiepolitische Konsensangebote von SPD an CDU

Berlin (taz) - Der Sitzungsmarathon um den immer wahrscheinlicheren Verzicht auf die WAA Wackersdorf hielt am Donnerstag abend und den ganzen Freitag über unvermindert an. Eine Baustoppentscheidung der Bundesregierung ist jedoch nicht in Sicht, solange nicht die Verträge mit der französischen Cogema zur Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente aus bundesdeutschen Atommeilern endgültig unter Dach und Fach sind. Andernfalls wäre der sogenannte Entsorgungsnachweis, ohne den Atomkraftwerke hierzulande nicht betrieben werden dürfen, für etwa ein halbes Dutzend Reaktoren nicht mehr gewährleistet.

Am Donnerstag abend war zunächst eine Koalitionsrunde unter Leitung von Bundeskanzler Kohl, an der auch der bayerische Ministerpräsident Streibl teilnahm, nach knapp dreistündigen Gesprächen ohne konkrete Ergebnisse auseinandergegangen. Die Sitzung sollte das Treffen mit Spitzenvertretern der Energiewirtschaft am Freitag vorbereiten. Über den Verlauf des Gesprächs mit der Stromwirtschaft wurde bis Redaktionsschluß nichts bekannt. Regierungssprecher Hans Klein teilte lediglich mit, ein „seriöses Ergebnis“ könne nicht unter Zeitdruck erreicht werden.

Bundesreaktorminister Töpfer traf unterdessen ebenfalls am Freitag in Paris mit dem französischen Industrieminister Roger Fauroux zusammen, um, wie es hieß, das Arbeitsprogramm der von Bonn und Paris im April beschlossenen Expertengruppe für eine Zusammenarbeit bei der atomaren Wiederaufarbeitung abzustecken. Von französischer Seite wurde ausdrücklich auf den „größeren allgemeinen Rahmen“ der angestrebten engeren Zusammenarbeit hingewiesen. Damit verdichten sich Befürchtungen, wonach Frankreich im Gegenzug zur Wiederaufarbeitung deutscher Brennelemente in La Hague hoch -, mittel- und schwachradioaktiven Müll aus französischen Reaktoren in den geplanten Endlagern in Gorleben und Schacht Konrad bei Salzgitter loswerden will.

Die Grünen wandten sich entschieden gegen die Parole vom „neuen energiepolitischen Konsens“ mit der CDU, die in den vergangenen Tagen im Zusammenhang mit einer möglichen Aufgabe der WAA Wackersdorf nacheinander der SPD-Vorsitzende Vogel, der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Johannes Rau und der SPD-Fraktionsvorsitzende im Düsseldorfer Landtag, Farthmann, ausgegeben hatten. Die neuen Einsichten der SPD-Politiker seien Ausdruck ihres Opportunismus und „reiner Betrug an der Ökologie- und Anti-Atom-Bewegung“, erklärte der energiepolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Wolfgang Daniels.

gero